Wärmende Kroaten und Drahteselsohren

Der Pförtner der Sparkasse steht geduldig in der Schwingtür und verabschiedet die Angestellten in den Feierabend. Er muss lange warten, denn Sie kommen sporadisch in kleinen Gruppen, und je höher der Rang, desto später. Diese Leute schieben sich einzeln am Pförtner vorbei, denn Macht macht bekanntlich einsam. Es ist kalt und regnerisch. Anders als die trotzigen Touristen im T-Shirt und in kurzen Hosen, haben sich die Herren aus der Sparkasse dem Wetter angepasst und tragen dicke Kroaten um den Hals. Ach nein, es sind bloß Krawatten. Falls Kroaten mitlesen: Krawatte stammt vom deutschen Wort Kroate ab. Den Grund weiß ich leider nicht zu sagen. Falls unsere Vorfahren tatsächlich je einen Kroaten um den Hals gehabt hätten, bitte ich nachträglich um Entschuldigung. Wir machen’s nicht mehr. Freilich habe ich gut Reden, denn ich sitze geschützt im Cafe und lese Zeitung.

KlauengewächsUff, man muss vorsichtig mit sprachlichen Bildern sein, die sich auf Menschen beziehen. Im Aachener Anzeigenblatt Super Mittwoch nennt K. Schlupp den Riesenbärenklau einen „besonders unangenehmen Migrant(en) aus dem Kaukasus“. Für diese verschmockte Spielerei mit Fremdenangst und -feindlichkeit müsste Schlupp sich eigentlich bei allen Migranten entschuldigen. Vermutlich wollte er aber nur originell schreiben wie sein Kollege „sp“ von der Aachener Zeitung. In der Montagsausgabe des Lokalteils berichtet er über das Projekt „FahrRad“ der Aachener Stadtverwaltung und hat sich ein ulkiges Synonym für „Radfahrer“ rausgequetscht: „Drahteselbegeisterte“.

Die Aachener
Lokalredaktionen sind vermutlich die letzten Reservate für die altväterlichen Wörter Stahlross, Drahtesel, Pedalritter und Pedaltreter. Und den Volontären bringt man die hohe Schule des Stahlross-Drahtesel-Pedalritter-Pedaltreter-Einsatzes bei, dass nämlich ein Pedalritter niemals auf einem Drahtesel zu sitzen hat und erst recht nicht ein Stahlross auf einem Pedaltreter und oder umgekehrt, dass ein Pedaltreter kein Ross treten darf, sondern nur Esel.

Auf dem Heimweg trete ich mein Fahrrad ordentlich, denn ich will das arme Tier nicht unnötig lang dem useligen Regen aussetzen. Doch dann muss ich es heftig bei der Kandare nehmen. Denn ich heiße zwar nicht Sarah, will die Fensterbotschaft aber trotzdem haben. Glück kann jeder gebrauchen, und vielleicht kann mir auch jemand die Geschichte hinter dieser Botschaft aufhellen, damit ich aus dem Grübeln rauskomme.

Schaufenster-für-Sarah
Guten Abend
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