Beobachtung auf Höhe der Hasenpfote

Zuerst sei er nur überrascht gewesen von der Ähnlichkeit der Frau im Publikum der Kabarettsendung mit seiner verflossenen Geliebten. So ein Gesicht gäbe es vermutlich nicht zweimal. Ihr Gesicht sei „zierlich“, hatte der Optiker vor mehr als vier Jahren im Schwabinger Brillenstudio gesagt, als er ihr von einem zu mächtigen Brillengestell abriet. "Ein zierliches Gesicht", das habe er damals gedacht, sei ein zutreffendes Attribut. Vier Jahre habe er sie nicht mehr gesehen. Jetzt habe da eine im Publikum gesessen, halb verdeckt hinter den auftretenden Kabarettisten mit eben so einem zierlichen Gesicht, aber mit langen blonden Haaren. Er habe sie als Brünette gekannt. Und kurz vor ihrer Trennung habe sie sich einen Bob schneiden lassen, ich wisse schon, die Haarspitzen bis zum Kinn. Ob ich wüsste, wie lang die Haare des Menschen im Jahr wachsen könnten? 15 Zentimeter? Das wären ja 60 Zentimeter in vier Jahren! Die Länge könnte hinkommen, und aus einer Brünetten könne mit Hilfe der Friseurhandwerkskunst leicht eine Blonde werden.

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23. Oktober 2013 - Zur Erinnerung an Eugene Faust

Manchmal versendet mein Smartphone von mir unbeabsichtigt eine leere Mail. Es ist nicht weiter tragisch. Tragisch war, dass mein Smartphone im September 2013 meine todkranke Blogfreundin Eugene Faust angerufen hat, obwohl ich jemand anderes sprechen wollte. Ich war so überrascht, als sie abnahm, dass ich nichts weiter tat als mich für die Störung zu entschuldigen. Kurze Zeit später war sie tot. Dass unser letztes Gespräch so verunglückt ist, lastet mir noch immer auf der Seele.

Heute vor vier Jahren starb diese wunderbare Frau, und ..
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Neuerscheinung! Buchkultur im Abendrot

Meine lieben Damen und Herren!

Ich möchte Ihnen heute ein gerade erschienenes Buch aus der Teestübchen-Redaktion ans Herz legen, das für uns als Schreibende und Lesende von Belang ist. Unter dem Einfluss von Computer und Internet ist die klassische Buchkultur dabei, sich radikal zu wandeln. Die Demokratisierung der buchtechnischen Schrift brachte neue Kommunikationsformen, Publikationsmöglichkeiten und Rezeptionsgewohnheiten. Alle Nutzer von Internet und Smartphone sind Teil dieses Wandels, treiben ihn als Handelnde voran und sind mitverantwortlich für den kulturellen Umbruch. Wir Bloggerinnen und Blogger bedienen uns der Techniken und Stilmittel, die überwiegend aus der Buchkultur stammen, stehen also noch mit einem Bein in der dreidimensionalen Buchkultur und tappen mit dem anderen ins nulldimensionale Internet. In allem, was wir schreiben und wie wir auf Geschriebenes reagieren, sind wir noch von der Buchkultur geprägt. Was von deren Besonderheiten erfolgreich an nachfolgende Generationen weitergereicht wird, wissen wir nicht. Der Medienwissenschaftler Marshal McLuhan sah das Ende der Buchkultur schon im Jahr 1968 gekommen, als die buchtechnische Schrift sich vom Blei löste und über Fotopapier ins Körperlos-Digitale entfleuchte.

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Am Bahndamm - oder von einem, der Joseph Beuys ins Gesicht geschlagen hat

Heute morgen fand ich in einem Moleskine-Büchlein diese Notiz: „Wenn alle Menschen sich gleichen würden wie Zwillinge, würden wir bald merken, dass sie keine Zwillinge sind. Nämlich, um sie zu unterscheiden, würden wir ein feineres Sensorium entwickeln. Wann immer es notwendig ist, fein zu unterscheiden, schärfen sich unsere Sinne.“ Aus dieser Notiz hat sich eine Erzählung entwickelt, die an die kleine Rundtour von gestern anknüpft, nämlich just, wo die Straße ein Wäldchen umrundet, am Beginn des kleinen Anstiegs unterhalb des Bahndamms …

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Wenn das Umblättern zu lästig ist …

Die Frau neben mir im Wartebereich der Arztpraxis blättert in einer Illustrierten, liest nicht, blättert nur. Es spricht nicht unbedingt gegen die Zeitschrift, denn sie ist ungeduldig. Eben erst hat sie die Arzthelferin gefragt, wie lange sie denn noch warten müsse. Sie habe noch woanders einen Termin. Sie blättert, damit die Wartezeit vergeht. Vermutlich hat sie den Kopf zu voll, um sich auf den Inhalt der Zeitschrift konzentrieren zu können. Mir gefällt ihre Situation, nicht nur, weil ich sie attraktiv finde und gerne neben ihr sitze. Ich bewundere, wie geschickt sie blättert.

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Des Talers wert? – Von wegen!

Ich bin durchaus nicht immer einverstanden mit mir, no Sir. Was da beispielsweise in irgendwelchen meiner Hirnwindungen an Gedankenmüll rumliegt, stört mich manchmal gewaltig. Die schönsten Momente sind nur in fadenscheinigen Resten vorhanden, aber völlig überflüssiger Kram hat sich festgesetzt und ist selbst durch Umbenennung oder bessere Einsicht nicht zu entfernen. Heute kam ich mit dem Fahrrad vom Einkauf und hatte einen schweren Rucksack geschultert. Vor der Haustür nestelte ich mein Schlüsselbund aus der Jackentasche. Dabei fiel ein Ein-Cent-Stück aus der Tasche zu Boden und blieb für mich unerreichbar an der Hauswand liegen. Zwischen ihm und mir war das Fahrrad. Die Vernunft gebot, den Cent liegen zu lassen. Doch wider alle Vernunft trudelte der Müll plötzlich durch mein Denken und manifestierte sich als Kalenderspruch:

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Postbeförderung im Schneegriesel

In der Nacht hat sich Schneegriesel auf alles gelegt. Ich lese nach, dass Schneegriesel die nur Millimeter große Form der Graupel ist. Schon vorher ist mir klar, dass Griesel verwandt sein muss mit unserem Farbadjektiv „grau“. Dessen alte Form ist „greis“, was wiederum mit dem rheinischen „gries“ korrespondiert. Ich schaue aus dem Fenster auf die Straße. Die dünne Schicht Schneegriesel auf dem Asphalt sieht schäbig aus, obwohl sie kaum Reifenspuren hat.

Plötzlich kommt von Rechts ein Radfahrer ins Bild. Er rollt rasch auf die Kurve zu, muss also ein geübter Radfahrer sein oder er ist leichtsinnig. Im Kindersitz hinter sich befördert er ein Kind. Nachdem er sicher die Kurve genommen hat, schaue ich auf seinen Rücken und sehe, dass er eine Dienstjacke der deutschen Post trägt. Die ziert ein großes Posthorn. Das Kind hat das Logo genau vor Augen.

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Hübsche Kulturtechnik: Frottieren ohne Handtuch

Wir Alltags-Ethnologen hatten ja früher nichts außer Papier und Bleistift und mussten alles mit der Hand machen. Morgens in aller früh bei jedem Wetter raus auf die Straße, und dann wurde man auch noch scheel angeguckt, wenn man auf den Knien über einem Kanaldeckel lag. So sehen die Sachen dann aus: Flüchtig hingeskribbelt. Diese grafische Technik heißt Frottage. Sie diente einst dokumentarischen Zwecken, hatte jedoch immer einen grafischen Eigenwert.

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