Haar wellt sich, eine Decke auf dem Gras wellt sich, und liegen das Haar und die Decke doch einfach nur da und bewegen sich nicht. Wieso also sollte sich Wasser auf dem See nicht wellen, wo es doch genau das tut, was dieses Wort ausdrückt?
Der Rhein strömt übrigens oft überraschend glatt dahin, nur Strudel sind zu sehen, richtige Wellen gibt's nur, wenn ein Schiff vorbeikommt, die brechen sich dann am Ufer, aber ein Surfer würde damit nicht klarkommen.seuck
iGing (Gast) - 9. Aug, 09:14
"seuck" hieß das verzerrte Wort, soll nicht etwa "seufz" heißen ... obwohl, würde auch passen. ;-)
Das Wort "Welle" erweckt den Eindruck von etwas Statischem. Aber wenn Wasser sich wellt, ist es bewegt und besteht nicht aus einzelnen Wellen, nur auf einem Foto oder einem Gemälde.
Flüsse strömen glatt dahin, solange der Wind nicht gegen die Fließrichtung weht, habe ich beobachtet.
Tut mir sehr leid, dass mein Text Sie seufzen ließ! ;)
iGing (Gast) - 9. Aug, 20:04
"Welle" erweckt den Eindruck von etwas Statischem? Das ist mir neu. Bei mir weckt es den Eindruck von etwas Bewegtem. Etwas Statisches damit zu bezeichnen, kommt mir wie eine Hilfskonstruktion vor. Vielleicht haben da die Surfer allzu sehr zu Buche geschlagen mit ihrem Traum von der Einen Welle, die bleibt! Meine Kindheitserinnerungen an den Rhein sind immer mit - bewegten - Wellen; am Meer kommen Wellen an den Strand, statisch sind die mir noch nie erschienen. Heute schwamm ich im See inmitten von lauter kleinen Wellen, die ständig in Bewegung waren, deshalb waren es ja Wellen, statisch können die doch gar nicht sein. Ich finde, Sie sollten Ihr Wellen-Verständnis neu überdenken!
Sie können getrost davon ausgehen, dass mir das Phänomen bewegten Wassers vertraut ist. Ich habe Kritik an der Sprache geäußert, die uns statische Substantive wie Wind, Sturm, Regen, Strömung, Welle für Vorgänge bereitstellt. Deshalb fällt es uns schwer, gewisse Naturphänomene als Abläufe
zu denken. Ich habe gelesen, dass die Sprache der Hopi nur verbale Phrasen für solche Erscheinungen kennt, weiß aber nicht mehr darüber. Es ist überhaupt schwer, Kritik an der Sprache zu denken in der zu kritisierenden Sprache. Wenn ich über die Wörter schreibe, Sie aber mit den Wörtern argumentieren, können wir nur aneinander vorbeireden.
In den Kommentaren hier geht es um etwas Ähnliches: http://meta.tagesschau.de/id/88419/taifun-halong-stuermt-auf-japan-zu
Ausgehend von meiner Beobachtung, wie der Maschsee strömte, habe ich gedacht, dass er nicht mehr strömt, wenn ich das in Worte fasse. Ich muss eine Momentaufnahme machen wie ein Foto. Das ist die Starrheit des Denkens, über die ich geschrieben habe. Fragen Sie mich nicht, wie es denn anders ginge, denn auch ich bin im Gerüst unserer Sprache gefangen.
Der Sprachphilosoph Fritz Mauthner hat die Wörter gleichgesetzt mit Uniformierten und sinngemäß geschrieben, aus der Ferne sähen ja alle gut aus, aber aus der Nähe betrachtet sind alle Kerls schlecht angezogen.
Danke, Herr Trithemius, das weckt Erinnerungen an all die lehrreichen Gespräche mit Herrn Tugendhat, aber ich möchte das gar nicht alles wieder auffrischen ... Viel Spaß in den Wellen des Sees werde ich aber gleich haben!
Was das Thema hier angeht, würde ich meinen, dass das eine recht simple Bedeutungstheorie ist, die behauptet, der substantivische Gebrauch des Wortes "Welle" würde der Welle etwas Statisches verleihen. Zugrundeliegende Bedeutungstheorie der simpelsten Form: Ein Substantiv bezeichnet einen Gegenstand und der ist statisch.
Mein bedeutungstheoretischer Favorit, der späte Wittgenstein:
"Die Bedeutung eines Wortes ist die Regel für seinen Gebrauch." Kennzeichnend für diese Gebrauchsregel ist eine gewisse Flexibilität. Das hat an sich schon was Bewegliches. Fast wie Wellen.
Der Rhein strömt übrigens oft überraschend glatt dahin, nur Strudel sind zu sehen, richtige Wellen gibt's nur, wenn ein Schiff vorbeikommt, die brechen sich dann am Ufer, aber ein Surfer würde damit nicht klarkommen.seuck
Flüsse strömen glatt dahin, solange der Wind nicht gegen die Fließrichtung weht, habe ich beobachtet.
Tut mir sehr leid, dass mein Text Sie seufzen ließ! ;)
zu denken. Ich habe gelesen, dass die Sprache der Hopi nur verbale Phrasen für solche Erscheinungen kennt, weiß aber nicht mehr darüber. Es ist überhaupt schwer, Kritik an der Sprache zu denken in der zu kritisierenden Sprache. Wenn ich über die Wörter schreibe, Sie aber mit den Wörtern argumentieren, können wir nur aneinander vorbeireden.
In den Kommentaren hier geht es um etwas Ähnliches:
http://meta.tagesschau.de/id/88419/taifun-halong-stuermt-auf-japan-zu
Ausgehend von meiner Beobachtung, wie der Maschsee strömte, habe ich gedacht, dass er nicht mehr strömt, wenn ich das in Worte fasse. Ich muss eine Momentaufnahme machen wie ein Foto. Das ist die Starrheit des Denkens, über die ich geschrieben habe. Fragen Sie mich nicht, wie es denn anders ginge, denn auch ich bin im Gerüst unserer Sprache gefangen.
Der Sprachphilosoph Fritz Mauthner hat die Wörter gleichgesetzt mit Uniformierten und sinngemäß geschrieben, aus der Ferne sähen ja alle gut aus, aber aus der Nähe betrachtet sind alle Kerls schlecht angezogen.
Vieleicht hilft dieser Text, unser Missverständnis zu beseitigen:
http://www.gleichsatz.de/b-u-t/spdk/mnemo.html
https://www.jpc.de/image/w220/front/0/9783518276457.jpg
Er nahm sich sehr viel Zeit für einzelne Studenten (sog. Oxforder Tutorium).
Was das Thema hier angeht, würde ich meinen, dass das eine recht simple Bedeutungstheorie ist, die behauptet, der substantivische Gebrauch des Wortes "Welle" würde der Welle etwas Statisches verleihen. Zugrundeliegende Bedeutungstheorie der simpelsten Form: Ein Substantiv bezeichnet einen Gegenstand und der ist statisch.
Mein bedeutungstheoretischer Favorit, der späte Wittgenstein:
"Die Bedeutung eines Wortes ist die Regel für seinen Gebrauch." Kennzeichnend für diese Gebrauchsregel ist eine gewisse Flexibilität. Das hat an sich schon was Bewegliches. Fast wie Wellen.