Abendbummel online - Zweimal deutscher Lebenszweck

Abendbummel Animation01Vier Damen an einem Cafétisch planen, im Rudel zu verreisen. „Paris!“, wäre eine Option, doch „ohne die Anhängsel“, und dann wird eingekauft „auf dem Schwarzmarkt.“ Beim Juwelier in Paris hat die eine bei ihrer letzten Rafftour eine Kette gekauft. „Du hast umsonst gelebt, wenn du diese Kette nicht hast!“, ruft sie in die gut gelaunte Runde. Man könne auch zusammen nach Shanghai fliegen, da kenne sie ebenfalls einen guten Schwarzmarkt. Oder der Schwarzmarkt von Nizza wäre gut.

Was für ein Geschnatter, da wird mir glatt der Kaffee ölig. Und mein rechtes Ohr kann sich nicht lösen, im Gegenteil, es wird immer hellhöriger. Dabei muss ich solche Sachen nicht hören. Dann kriege ich Lust auf Anarchismus und will nutzloses hedonistisches Pack in die Luft sprengen. Die mit der Kette hat schließlich ihren Lebenszweck schon erfüllt. Und die anderen haben sie zur ihrer Anführerin erhoben, denn sie sei ja eine richtige „Gangsterbraut“. Angenommen, diese gutsituierte Gangsterbraut würde in Shanghai auf dem Schwarzmarkt von den Triaden entführt. Dann müsste sie von der deutschen Botschaft mit Steuergeldern freigekauft werden, und ich müsste mir ihr Gesicht auch noch in der Tagesschau angucken.

Gegen Mittag konnte ich kaum etwas gucken, denn ich habe ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt, genauer, ich bin mit einem Bus der Aachener Verkehrsbetriebe (ASEAG) gefahren. Die ASEAG ließ mich durch das Innere eines fetten gelben „e“ nach draußen lugen, denn die Busscheiben waren von außen mit einer Werbeaufschrift zugeklebt. Diese kundenfeindliche Aufschrift zieht sich über den ganzen Bus, und man hat die Wahl, von welchem Buchstaben man sich die Sicht nehmen lassen will. Bei der ASEAG denkt man vermutlich, mit dem Bus fahren sowieso nur die drei A: Arme, Auszubildende und Arbeitslose. Wozu sollen die nach draußen schauen, zumal die meisten sowieso stehen müssen. Drei Jungen hielten sich in der Ziehharmonika des Gelenkbusses fest, und der eine erklärte, wieso die Armut in Deutschland wächst. Wenn zum Beispiel eine Tüte Haribo früher eine DM gekostet habe, koste sie jetzt einen Euro. Sein Vater habe früher 3000 DM verdient, und mit dem Euro habe sich sein Lohn halbiert. Darum könne man sich jetzt nichts mehr leisten.

Der Fehler des Vaters ist natürlich, dass er nicht auf dem Schwarzmarkt von Shanghai einkauft oder zumindest auf dem von Nizza. Allerdings besteht im Einkaufen nicht sein Lebenszweck. Seine Bestimmung ist es, für einen Hungerlohn zu arbeiten, damit nutzlose Weiber in der Welt herumgurken und noch nutzloseres gefälschtes Zeug raffen können, um anschließend damit im Café zu prahlen und mir den Kaffee ölig zu machen.

Guten Abend
1677 mal gelesen

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Teppichhaus Trithemius / Teestübchen Trithemius

Aktuelle Beiträge

Die Papiere des PentAgrion...
<img alt="Papiere des PentAgrion bd 2" style="margin:5px;"...
Trithemius - 23. Apr, 13:18
Die Papiere des PentAgrion...
Folge 2.1 Die Macht der Jacke - Folge 2.2 Von den Socken...
Trithemius - 3. Feb, 09:49
Papiere des PentAgrion...
Folge 2.1 Die Macht der Jacke - Folge 2.2 Von den...
Trithemius - 3. Feb, 00:20
Die volle Wahrheit über...
Dienstagmorgen kurz vor der Teestübchen-Redaktionskonf ernenz....
Trithemius - 25. Apr, 19:16
Besser aufrecht sterben,...
Besser aufrecht sterben, als mit kalten Knien leben! Nach...
Lo - 25. Feb, 17:03
An einem Sonntagmorgen...
Allmorgendlich klappe ich den Tagesschau-Feadreader...
Trithemius - 25. Feb, 10:45
Teestübchen Humorkritik...
Morgens werde ich wach, ist mein Humor weg, die heitere...
Trithemius - 13. Feb, 17:30
Hallo Melanie,
welch eine Überraschung. Du bist mir offenbar nicht...
Trithemius - 3. Jan, 17:02

RSS Box

Links

Suche

 

Kalender

Mai 2007
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 3 
 4 
11
17
20
26
 
 
 
 

Web Counter-Modul

Status

Online seit 6467 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits


Abendbummel online
Bild & Text
Ethnologie des Alltags
Frau Nettesheim
freitagsgespräch
Gastautoren
Hannover
Internetregistratur
Kopfkino
Pataphysisches Seminar
Pentagrion
Schriftwelt im Abendrot
surrealer Alltag
Teppichhaus Intern
Teppichhaus Textberatung
Textregistratur
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren