Und heimlich lacht die Peitschenlady
von Trithemius - 19. Jan, 17:37
Der folgende Text ist spekulativ, denn die wahren Hintergründe und Abläufe entziehen sich der Überprüfung. Derzeit rauscht der FDP/CSU-Spendenskandal durch den Blätterwald. Den Herbst über hatte die Presse keinen Sinn darin zu sehen vermocht, warum die FDP bei den Koalitionsverhandlungen eine Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels von 19 auf sieben Prozent verlangt hatte, inzwischen festgeschrieben im Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Am 1. Januar 2010 trat das Gesetz in Kraft, und quasi über Nacht hat der SPIEGEL nun den Grund dafür gefunden: die Millionenspende des Milliardärs August Baron von Finck an die FDP. Spätestens heute sind beinah alle Zeitungen auf den Zug aufgesprungen, denn ja, man schreibt am liebsten voneinander ab.
Am vergangenen Sonntag las ich die Vorabmeldung auf der Homepage der ARD-Tagesschau. Darauf informierte ich mich bei Wikipedia über den spendablen Baron. Zu meinem Erstaunen verwies man dort auf einen Artikel im Stern vom 17. Juni 2009: „Milliardär Finck spült viel Geld in die Kassen der FDP“. Fincks Parteispenden an FDP und CSU waren also schon im Juni 2009 offenbar, und ebenso war bekannt, dass von Finck Miteigentümer der Mövenpickgruppe ist, der unter anderem 14 Hotels gehören.
Warum hat sich keine Redaktion an den Stern-Artikel erinnert, als die FDP ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz präsentierte? Waren sämtliche Zeitungsschreiber den Herbst über von einem kollektiven Gedächtnisschwund befallen, so dass sie nichts weiter zu präsentieren wussten als ratloses Kopfkratzen? Es kam wohl auf den richtigen Zeitpunkt an, und der war gekommen, nachdem das absurde Gesetz in Kraft getreten war. Das wirft ein schlechtes Licht auf die angebliche Wächterfunktion unserer Medien. Was hilft’s, die offene Stalltür anzuprangern, wenn die Kuh bereits entflohen ist? Etwa eine Milliarde Euro jährlich kostet das Gesetz den Steuerzahler. Jetzt empört sich Antje Sirleschtov im TAGESSPIEGEL: „Chapeau, Ihr Lobbyisten: effiziente Arbeit. FDP-Politiker hingegen sollten beim Thema Politikverdrossenheit in nächster Zeit tunlichst den Mund halten.“ Auch die Opposition ist inzwischen wach geworden:
Abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks
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Am vergangenen Sonntag las ich die Vorabmeldung auf der Homepage der ARD-Tagesschau. Darauf informierte ich mich bei Wikipedia über den spendablen Baron. Zu meinem Erstaunen verwies man dort auf einen Artikel im Stern vom 17. Juni 2009: „Milliardär Finck spült viel Geld in die Kassen der FDP“. Fincks Parteispenden an FDP und CSU waren also schon im Juni 2009 offenbar, und ebenso war bekannt, dass von Finck Miteigentümer der Mövenpickgruppe ist, der unter anderem 14 Hotels gehören.
Warum hat sich keine Redaktion an den Stern-Artikel erinnert, als die FDP ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz präsentierte? Waren sämtliche Zeitungsschreiber den Herbst über von einem kollektiven Gedächtnisschwund befallen, so dass sie nichts weiter zu präsentieren wussten als ratloses Kopfkratzen? Es kam wohl auf den richtigen Zeitpunkt an, und der war gekommen, nachdem das absurde Gesetz in Kraft getreten war. Das wirft ein schlechtes Licht auf die angebliche Wächterfunktion unserer Medien. Was hilft’s, die offene Stalltür anzuprangern, wenn die Kuh bereits entflohen ist? Etwa eine Milliarde Euro jährlich kostet das Gesetz den Steuerzahler. Jetzt empört sich Antje Sirleschtov im TAGESSPIEGEL: „Chapeau, Ihr Lobbyisten: effiziente Arbeit. FDP-Politiker hingegen sollten beim Thema Politikverdrossenheit in nächster Zeit tunlichst den Mund halten.“ Auch die Opposition ist inzwischen wach geworden:
„Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, erklärte: „Jetzt wird transparent, was man erwarten konnte. CSU und FDP sind in den vergangenen Jahren offensichtlich zu reinen Lobbyvereinen degeneriert.“ Die FDP mache sich den Staat zur Beute, kritisierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast: „Jetzt ist offenbar Zahltag: Auf der einen Seite wird die Mehrwertsteuer für Hotels reduziert, auf der anderen Seite erhält die FDP eine Millionenspende aus der Branche.“ (dpa)
Mich überkommt nicht nur die große Politikverdrossenheit angesichts einer schamlos agierenden FDP, sondern auch wegen einer verschnarchten Opposition, die erst aus der Zeitung erfährt, was die FDP so treibt. Und vor allem frage ich mich, wer denn Presse und Opposition genau jetzt aus dem Winterschlaf geschreckt hat. Qui bono? Wem nutzt es? In jedem Fall hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Grund zur Freude. FDP und CSU hatten ihr in den letzten Wochen auf der Nase herumgetanzt mit nicht finanzierbaren Steuersenkungsplänen. Und da ist plötzlich „schwarz-gelber Winterfriede“ eingekehrt. Winterfriede, das heißt: Westerwelle und Seehofer kuschen, denn Frau Merkel hat ihnen mit Hilfe der willfährigen Presse die neunschwänzige Katze gezeigt. Er hier weiß sogar, wie die schmeckt.Abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks