Atomstrom, ja bitte! Aber wir wollen Beweise

Teppichhaus-Volontär Hanno P. Schmock kommentiert

„Atommülllager: Regierung betrachtet Asse-Krebsrate als Zufall“, titelt ZEIT online unter Berufung auf die Braunschweiger Zeitung. Und weiter: „Das Umweltministerium positioniert sich erstmals zu den erhöhten Krebsraten nahe des Bergwerks Asse: Der Atommüll im dortigen Lager habe mit der Krankheit nichts zu tun. (…) Demnach könnten die ansteigenden Krebsraten in dem Gemeindeverbund Asse 'nicht durch die Strahlenbelastung aus der Asse erklärt werden'". Es handle sich dabei um "zwangsläufig starke statistische Schwankungen".

Verkündet hat die frohe Adventsbotschaft von den statistischen Schwankungen am vergangenen Freitag Ursula Heinen-Esser (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Sie wohnt mit Ehemann und Tochter in Köln-Porz. Das ist ziemlich weit entfernt von Asse, gut 350 Kilometer. Es wäre für die Menschen um den Höhenzug Asse gewiss beruhigend, wenn die Eheleute Heinen-Esser in der Nähe des maroden Atommülllagers Asse ein schmuckes Häuschen kaufen würden, um dort mitsamt der Tochter zu leben.

Schließlich ist Klaus Töpfer, damals Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, im Mai 1988 durch den durchaus breiten Rhein geschwommen, um die Sauberkeit des Flusses zu beweisen. Und im Mai 1990, auf dem Höhepunkt der BSE-Seuche in England, ließ der britische Landwirtschaftsminister John Gummer seine vierjährige Tochter Cordelia vor laufenden Kameras herzhaft in einen Beefburger beißen, womit er den Beweis antrat, dass die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit seinem Gehirn kaum geschadet hatte.

Derartige Gesten bilden Vertrauen. Wir wünschen sie uns auch von der Bundesregierung und der Atomlobby. Sie sollen sich rund um Asse niederlassen. Die Gegend ist hübsch, aber zu dünn besiedelt, wodurch sich die verflixten statistischen Schwankungen ergeben. Wenn Regierungsmitglieder und die Damen und Herren von der Atomlobby mitsamt Säuglingen, Kleinkindern und pubertierendem Nachwuchs rund um Asse einen Schutzwall gegen die statistischen Schwankungen bilden, können wir den Atomstrom beruhigt aus der Steckdose lutschen.

Hanno P. Schmock
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