Karpfen, Knoblauch und Kargokult - im Kopfkino

Auf der Mauer an der Maschseepromenande ist kaum Platz. Zwischen mir und einer Blondine in schwarzer Lederjacke könnte gerade mal ein ganz Dünner sitzen. Da kommt ein großer, massiger Chinese vorbei mit einer kleinen Chinesin im wattierten Mantel im Schlepptau. Der sieht die Lücke, findet sie groß genug und quetscht sich herein, um sich die fetten Karpfen anzusehen, die sich immer am Promenadenufer herumtreiben, sobald viele Leute da sind.

Karpfen können durchaus Richtung Himmel schauen, sie tauchen von unten auf und sehen hoch oben in ihrem Himmel ein verzerrtes Chinesengesicht. In Wahrheit ist es aber rund und glatt. Die Verzerrung wird von der leichten Wellen der Wasseroberfläche hervorgerufen. Daher sehen Karpfen nicht nur Chinesen verzerrt, sondern auch mich, wenn ich sie anschaue.

Chinese oder nicht, der Mann hat keine gute Aura. Sie ist von einem starken Knoblauchgeruch durchtränkt. Ich wusste gar nicht, dass Knoblauch zur chinesischen Küche gehört, hatte bisher immer gedacht, Chinesen würzen alles mit Glutamat. Wikipedia belehrt mich eines Besseren. Beim Anbau von Knoblauch ist China mit großem Abstand führend. Im Jahr 2007 war das 71,1 Prozent der weltweiten Knoblauchprouktion. In absoluten Zahlen, halt dich fest,
12.088.000 Tonnen. Zwölf Millionen Tonnen, ich weiß nicht, wie viele Säcke das sind, aber einer stützt sich dicht neben mir auf die Kaimauer und lacht und freut sich der Karpfen.

Die Religion der Karpfen ist der Kargokult. Sie glauben, die verzerrten Götter werfen Güter ab, wenn man ihnen schön tut und flehend nach oben schaut. Sie lassen sich mästen und hoffen, nach ihrem Tod kommen sie in den Himmel. Ihr Himmel wird sein eine Badewanne, und dann lernen sie das Messer eines Kochs kennen. Man darf den Göttern eben nicht trauen, weiß dann der Karpfen. Doch er kommt nicht mehr dazu, es den Artgenossen mitzuteilen. So geht es uns allen. Wenn wir rausfinden, was dran ist, können wir es nicht mehr erzählen. Der Chinese verzieht sich, wir können wenigstens aufatmen und die Sonne genießen. Manchmal geht es bei uns im Karpfenhimmel ganz hübsch zu.
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Geschenk für Abschleppunternehmen und Bestatter

zirkus schlechten GeschmacksDieses elende Verstellen der Uhren Halbjahr für Halbjahr ist völlig sinnlos. Erergie wird nicht eingespart, wohl steigert die Zeitumstellung das Bruttoinlandsprodukt durch Unfälle, die am Montagmorgen nach der Zeitumstellung vermehrt auftreten. Das gleiche gilt für die Zunahme der Herzinfarkte. Eine schrumpfende und überalterte Gesellschaft kann sich solche Mätzchen eigentlich nicht leisten. Warum geht es trotzdem mit stoischer Blödheit weiter? Wem dient diese Verschiebung der Uhrzeit, der sich alle unterwerfen müssen?

Die sonst so brave Rheinische Post schreibt: „Gesetzlich verordnet, quasi als Machtdemonstration der Staatsoberhäupter, bringen Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt zwei Mal im Jahr kostbare Zeit damit zu, an all ihren Uhren zu drehen. Armbanduhr, Handyuhr, Wanduhren sowie Wecker und die Uhr im Auto – alle müssen umgestellt werden.“

Wozu diese Machtdemonstration? Der beherrschte Mensch wird daran gewöhnt, sich auch dem größten Schwachsinn zu unterwerfen, es ist also eine Übung in Untertanengeist, der sich keiner entziehen kann, ob er die Umstellung nun begrüßt oder erleidet. Der massenpsychologische Effekt ist Fatalismus, die Erkenntnis, dass die da oben schalten und walten können wie sie lustig sind. Man muss fragen, ob es den Regierenden überhaupt Ernst ist mit Demokratie, ob sie Demokratie nicht vielmehr lästig finden. Es wäre in jedem Fall einfacher, wenn nicht das Volk sich Regierungen, sondern die Regierungen sich das Volk wählen könnten, devotes Herdenvieh, das jeden Scheiß mitmacht, solange genug Spaßevents angeboten werden. Sie arbeiten daran.

In den Niederlanden hat ein Radiomoderator seine Hörer dazu aufgefordert, am Montag einfach eine Stunde länger liegen zu bleiben. Er selbst muss allerdings aufstehen, denn er moderiert eine Morgensendung. Ähnlich wird es bei seinen Hörern sein. Wer abhängig beschäftigt ist, kann dem Aufruf nicht folgen, sondern unterwirft sich, trottet eine Stunde früher als gewohnt zur Arbeit und fühlt sich wie ein Automat, an dem die übermächtige und undemokratische EU-Administration einfach ein bisschen herumschrauben kann.

Teppichhaus-Leseempfehlung: Paul Duroy; Wir verlieren uns
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