Reihenfolgefehler im galaktischen Betriebssystem

Ich habe ja nichts gegen Sachsen, einer meiner Freunde ist sogar Sachse, aber trotzdem war ich zuerst herzlich amüsiert darüber, wie sie einstiegen und die falsche Reihenfolge des Wagen 10 beklagten. Und ich dachte noch: “Beschwert euch, Ihr seid verdammt noch mal das Volk!” Dann hatte das Volk aber erst recht was zu maulen, als sie nämlich hinter mir ihre reservierten Plätze nicht fanden; sie hatten im IC nach Dresden vier Plätze an einer Tischgruppe gebucht, die es nicht gab und knubbelten sich, wo die Tischgruppe hätte sein sollen, bis der Schaffner ihnen erklärte, es wäre ein anderes Wagenmodell als vorgesehen angehängt worden. Dann war ich froh, dass ihnen der Schaffner alternative Plätze in einem vorderen Wagen anbot. Gekränkt und erbost über die Ungerechtigkeit der Welt und speziell über die Diskriminierung durch die Bahn – „Nü, wür hapen de Blätze toch pezahld!“ – folgten sie nur widerwillig, ein älteres Ehepaar, von dem die Frau am lautesten war, während der Mann nur das krakelende Echo abgab, dahinter ein kümmerliches schwarzhaariges Männlein mit Fuselbart und schwarzem T-Shirt mit dem weißen Aufdruck „Böhse Onkelz“, offenbar der Sohn.

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Ich hätte mehr Fliegen erwartet

Zu meinen seltsamen Neigungen gehört, dass ich mir übers Internet die flämische Berichterstattung der Frühjahrsklassiker anschaue, gemeint sind Radrennen, von denen die meisten in Belgien stattfinden. Ich habe diesen Sport selbst betrieben, erfreue mich an der Sachkompetenz der flämischen Reporter und lerne nebenher immer besser Niederländisch, neuerdings das Wort "mondjesmaat" (wörtlich: mündchenmäßig), dessen deutsche Entsprechung wohl "häppchenweise" ist. Sonntag war Brüssel-Keurne-Brüssel. Etwa 45 Kilometer vor dem Ziel mussten die ohne mich fahren, denn ich war mit Filipe d'Accord, seiner bezaubernden Freundin und einem Freund Filipes, einem Physikprofessor aus Siegen, im Sprengelmuseum verabredet. Ich sollte die drei durch die Kurt-Schwitters-Abteilung führen und ein bisschen dazu erzählen, was unsereiner aus dem Lameng kann. Schon unterwegs erreichte mich per Smartphone die Botschaft, dass die Schwitters-Abteilung nicht zugänglich wäre, sondern nur der kürzlich eröffnete Neubau, immerhin mit der Installation eines Kurt-Schwitters-Preisträgers. Oje, und dafür hatte ich das Finale von Brüssel-Keurne-Brüssel verpasst.

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Jüngling der Schwarzen Kunst (6) - Leergut

Dyckers hält dem Jüngling die geleerte Limonadenflasche hin.
“Also mach schon, Nettesheim!”
“Ich trau mich nicht!”
“Du hast es einmal gemacht, dann kannste es auch zweimal tun!”
“Komm jetzt her, Jüngling, ich werde gleich ärgerlich!” sagt Kaumanns und steht schon bei den Bodoni-Setzkästen am Ende der Gasse, die wie Treppenstufen herausgezogen sind.
Es ist wieder so ein glutheißer Arbeitstag. Es riecht unangenehm nach altem Holz, bleihaltigem Staub und Schweiß. Nein, eigentlich weiß man nicht genau, woraus sich der leicht säuerliche Geruch zusammensetzt. Manchmal meinte der Jüngling, eine der Geruchsquellen gefunden zu haben, beugte sich nieder, vergewisserte sich schnüffelnd und stellte erstaunt fest, dass es gar nicht roch.

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Wie ich heute den Lauf der Welt verändert habe

Da wird jetzt mancher sagen, pah, das kann er nicht! Wie will er das denn bewerkstelligt haben? Ganz einfach: ich habe zwei Teller, die auf meinem Tisch standen und Platz wegnahmen, die habe ich in die Küche getragen. Mehr war nicht nötig, den Lauf der Welt zu verändern. Alles Weitere sind Folgeerscheinungen, wobei das natürlich eine willkürliche Festlegung ist, die Paul Watzlawick treffend „die Interpunktion von Ereignisfolgen“ nennt. Darauf konnte ich die schwere Schublade mit meinen Karteikarten aus der Kommode wuchten und bequem auf den Tisch stellen, so dass ich hernach ohne Verrenkung den Stapel Karteikarten zum Thema Fraktur suchen, auffinden und hervorziehen konnte.

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Uff, SChwerkraftwellen

Gestern Morgen habe ich mir Kaffee gemacht und anschließend gefrühstückt. Es war gegen 7 Uhr, könnte aber auch früher gewesen sein. Ich guckte mich um und dachte: Huch, was is’n das? Ich hab ja ein Fenster in meiner Küche! Da hab ich doch glatt mal rausgeguckt. Unten auf dem Fußweg kam eine stämmige junge Frau heran. Sie sah aus, als würde sie etwas wirklich Schweres transportieren. Obwohl der Weg dort flach ist, ging sie vorne über gebeugt und stampfte quälend langsam näher, als ginge es da unten den Berg hinauf. Da ahnte ich schon, dass mal wieder die geheimnisvollen Schwerkraftwellen im Spiel sein müssten. Prompt meldete Bild gestern: „Einsteins Gravitationswellen entdeckt!“

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Herb Lubalin, Upper and lower case und die Demokratisierung der Druckschrift

Seit in meinen Keller Wasser eíngedrungen ist, bin ich nicht mehr unten gewesen. Aber ich werde mich wohl überreden müssen, das zu tun. In den Regalen lagert hoffentlich noch gut verpackt ein Stapel einer Rarität, verschiedene Ausgaben, ganze Jahrgänge, der typografischen Fachpublikation U&lC (Upper and lower case) der International Type Face Corporation, erschienen ab 1974 in New York, herausgegeben von Herb Lubalin, einem genialen Typografen und Schriftschöpfer. Fachleute kennen seine Schrift Avant Garde, eine in den 60er Jahren berühmte serifenlose Linearantiqua, Laien kennen sein Adidas-Logo.

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Nasse Socken im Rampenlicht

Ich gehöre zu den Leuten, die ihrer Waschmaschine gerne beim Waschen zusehen. Manchmal kann ich mich gar nicht lösen vom dramatischen Geschehen, das das Bullauge meiner Waschmaschine offenbart, und ich habe manches aufwändig gestaltetes TV-Programm sausen lassen, weil ich vom Waschvorgang einfach nichts verpassen wollte. Wenn ich bedenke, dass an gewissen TV-Formaten ganze Hundertschaften beteiligt sind, die aufzuzählen ich jetzt echt zu müde bin, aber es fängt an beim Reinigungspersonal und den Kulissenbauern und endet nicht beim Ohrfeigengesicht, das die Sendung präsentiert, sondern da sind noch die Schufte in der Redaktion, die das Elend zu verantworten haben. Deren Leistung toppt meine Waschmaschine locker mit ihrem Sparprogramm. Wenn ich boshaft wäre, könnte ich sogar behaupten, ich hätte bei allen Filmen mit Til Schweiger lieber meinen nassen Socken zugesehen, wie sie im Waschvorgang mancherlei verschiedene Formen angenommen haben und jederzeit vielfältiger, im Ausdruck faszinierender und überhaupt ansehnlicher waren als der oben genannte Schauspieler, dessen Namen ich lieber nicht mehr nenne, denn wer macht das hier wieder sauber? Ich kann ja nicht meinen Bildschirm nehmen und ins Kochprogramm stecken. Oder doch?

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Nicht angeschaut und trotzdem alles gesehen – Alltagsethnologie im Zirkus des schlechten Geschmacks

In der Zeit intensiver Studien habe ich nicht die Muße gehabt, jedes greifbare Fachbuch zu lesen. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis oder ins Sachregister hat geholfen, alle Bücher auszusondern, die mir nichts zu sagen hatten. Nachher reichte mir sogar nur der Anblick des Buches, um den darin schlummernden Geist oder Ungeist zu erkennen. Diese Technik auf den Alltag angewandt, hat mich gut durchs Leben gebracht. So habe ich es auch mit dem TV-Konsum gehalten. Um einen Witz aufzuwärmen: Bei einer seit Jahren omnipräsenten Medienhure dachte ich lange Zeit, der Kerl hieße „Dr. Eckart von Hirsch“, weil ich immer schon umgeschaltet hatte, bevor das Ohrfeigengesicht gänzlich vorgestellt war.

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