Pataphysisches Seminar - Wo ist das Mädchen?
von Trithemius - 19. Mai, 20:25
Ich kann die Zeichnung nicht finden. Eigentlich bin ich sicher, dass ich das Mädchen damals in einem Moleskinbüchlein skizziert habe. Andererseits weiß ich, dass ich dieses Büchlein schon mehrfach von vorne nach hinten durchgeblättert habe, allein die Skizze blieb verschwunden. Jetzt ist das Büchlein auch weg, und ich kann nicht mal vergeblich hin und herblättern. Das Mädchen habe ich nach der Anschauung gezeichnet. Es sieht irgendwie viktorianisch aus, denn es trägt einen Bänderhut, ein nach unten weit ausgestelltes Kleid und hohe Schuhe, die man freilich nicht gut erkennt. Das Mädchen hat irgendein Tier an der Leine, das keines der mir bekannten Tiere ähnelt.
Wenn ich an meinem Tisch sitze und zum Fenster aufblicke, dann wiegt sich gegenüber dichtes Laub. Ich schaue gerne hinein, denn grün beruhigt. Einmal sah ich im Laub ein Mädchen. Es war nur eine schattige Lücke im Blattwerk, doch das Mädchen sah ich so deutlich, dass ich es mit Bleistift skizzieren konnte. Und wie das Laub im Wind hin und herwogte, so bauschte sich auch das Kleid, und die Hutbänder flogen im Wind.
Erinnern sich Baum und Strauch alljährlich an ihre alte Form? Oder treiben sie im Lenz stets anders aus, so dass sich das Blattwerk völlig wandelt? Vielleicht ist auch das Mädchen wieder da, nur ein wenig abgemagert.
Vielleicht hält sich das Mädchen verborgen, weil da eine große schwarze Katze auf der Lauer liegt. Ein Eingeborener Jäger ersticht den sich aufbäumenden Hirsch.
Das Hineinsehen ist eine alte magische Praxis. Man kennt es noch vom Bleigießen. Der Surrealist Max Ernst hat sich des Verfahrens künstlerisch bedient, indem er die Holzmaserung seiner Dielenbretter abfrottierte. In den Strukturen fand er seine Bildideen. Der psychologische Rorschach-Test basiert ebenfalls auf der Methode des Hineinsehens.
Der Blick in diesen Laden hat mich schon oft fasziniert. Und heute wollte ich nicht nur hineinsehen, sondern habe hinein fotografiert. Der Laden war leer. Ein Computermonitor flimmerte wie vergessen. Der Mann mit Beutel hat nichts im Laden verloren. Ihn hat die Kamera hineingesehen, denn er ging auf der anderen Straßenseite vorbei und spiegelt sich in der Fensterscheibe.
Pataphysisches Seminar
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Wenn ich an meinem Tisch sitze und zum Fenster aufblicke, dann wiegt sich gegenüber dichtes Laub. Ich schaue gerne hinein, denn grün beruhigt. Einmal sah ich im Laub ein Mädchen. Es war nur eine schattige Lücke im Blattwerk, doch das Mädchen sah ich so deutlich, dass ich es mit Bleistift skizzieren konnte. Und wie das Laub im Wind hin und herwogte, so bauschte sich auch das Kleid, und die Hutbänder flogen im Wind.
Erinnern sich Baum und Strauch alljährlich an ihre alte Form? Oder treiben sie im Lenz stets anders aus, so dass sich das Blattwerk völlig wandelt? Vielleicht ist auch das Mädchen wieder da, nur ein wenig abgemagert.
Vielleicht hält sich das Mädchen verborgen, weil da eine große schwarze Katze auf der Lauer liegt. Ein Eingeborener Jäger ersticht den sich aufbäumenden Hirsch.
Das Hineinsehen ist eine alte magische Praxis. Man kennt es noch vom Bleigießen. Der Surrealist Max Ernst hat sich des Verfahrens künstlerisch bedient, indem er die Holzmaserung seiner Dielenbretter abfrottierte. In den Strukturen fand er seine Bildideen. Der psychologische Rorschach-Test basiert ebenfalls auf der Methode des Hineinsehens.
Der Blick in diesen Laden hat mich schon oft fasziniert. Und heute wollte ich nicht nur hineinsehen, sondern habe hinein fotografiert. Der Laden war leer. Ein Computermonitor flimmerte wie vergessen. Der Mann mit Beutel hat nichts im Laden verloren. Ihn hat die Kamera hineingesehen, denn er ging auf der anderen Straßenseite vorbei und spiegelt sich in der Fensterscheibe.
Hineinsehen in Kamelbein und Geäst
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