Jugendfreier Dialog über Gras kaufen und Ficken

Im Fernbus nach Maastricht sitzen auf der Rückbank drei junge Männer. Sie unterhalten sich ungehemmt, denn Sie wähnen sich unter Niederländern, die sie nicht verstehen. Zeitweise habe ich mich gefragt, ob ich ihre Worte aufschreiben soll, aber das war mir dann doch zu viel Aufwand. Den Tenor habe ich behalten wie auch das eine oder andere Zitat. Allerdings kann ich nicht angeben, wer was gesagt hat, denn sie saßen hinter mir.

Sie reden über ihre Auslandserfahrungen, denn sie sind ein bisschen aufgeregt, wollen in Maastricht Gras kaufen. Einer von ihnen kennt sich aus und erklärt ihnen, wie’s geht und dass man sich vor dem Zoll in Acht nehmen soll, „weil die auch die Busse kontrollieren.“ Die anderen Auslandsberichte der drei drehen sich um das Thema Frauen und Mädchen. Aber es geht eher um Frauen, die käuflich sind. Amsterdam sei klasse, aber zu teuer. „Wenn du dahin gehst, wo die Touristen hingehen, ist es immer teurer.“ Er habe sich das ganze nur angeschaut, "aber zum Ficken geht nichts über Frankfurt." "Frankfurt ist geil“, bestätig sein Freund. "Wenn du da durch gehst, sieht die erste schon geil aus, aber wenn du weiter kommst, warten da immer noch geilere.“ Darum habe er sich zur Regel gemacht, immer zuerst einmal ganz durchzugehen. „Es ist doch geil, wenn du weißt, dass du sie so einfach ficken kannst.“ Einer spricht über Afrikanerinnen. „Boah eye, die Negerinnen zeigen einem sofort alles.“ Der Dritte sagt, nachdem auf der Studienfahrt nach Frankreich im Bordell gewesen wäre, wolle er jetzt auch die Frauen aus anderen Ländern ausprobieren. „Aus jedem Land eine Frau!“ „Das ist also dein neues Lebensziel?“ „Genau! Aus jedem Land eine.“ Der am Fenster erzählt dann noch, von einem gescheiterten Versuch: „Wir kamen ziemlich spät. Da war nur noch eine Frau da. Wir wollten zu zweit, aber sie war uns zu teuer.“

Die drei waren nicht etwa Proleten, eher gut aussehende Jungs aus gutem Haus. Einer machte gerade Zivildienst, die beiden anderen standen offenbar vor dem Abitur. Ich frage mich, wie exemplarisch das Gerede ist. Das Frauenbild der drei ist ziemlich schräg. Und ist es ihnen zu anstrengend, eine Beziehung zu haben? Jedenfalls scheint die sexuelle Befreiung inzwischen zum freimütigen Bordellbesuch verkommen zu sein.

Mehr: Ethnologie des Alltags
2105 mal gelesen
Ronja (Gast) - 3. Mär, 23:41

Wo treiben Sie sich denn rum? Sie sollten solche Gesellschaften zukünftig meiden. Waren Sie etwa wieder im Wilden Westen unterwegs?

Trithemius - 4. Mär, 10:08

Ja, der Westen ist wilder als man denkt. Ich sitze ganz harmlos im Bus und muss diese Dinge mitanhören. Schon lange hatte ich nicht so einen ungeschminkten Einblick in die Lebenswelt von Jugendlichen.
Shhhhh - 4. Mär, 12:46

Ich stand mal in einer Tankstelle, als zwei Russen herein kamen und jede Menge Bier kaufen wollten. Einer von beiden ging zur Kasse und bat den anderen, zu bezahlen. Der warf ihm die EC-Karte zu und diktierte ihm die Geheimzahl. Die interessantesten Gespräche ergeben sich meist dann, wenn sich die Sprecher unbelauscht fühlen, bei Fremdsprachen kann das aber trügen.

Trithemius - 4. Mär, 13:32

Es ist schon ziemlich naiv zu glauben, man sei unbelauscht, wenn man im Ausland ist oder sich in einer anderen Sprache unterhält wie Ihr Beispiel zeigt.
teacher - 6. Mär, 13:21

Manche meinen, die Jugend sei nicht so schlecht wie ihr Ruf. Es gäbe sogar einen Trend zur Treue und Familie. Falschen Bus erwischt?

Trithemius - 6. Mär, 14:09

Vermutlich. Aber er sah ganz passabel aus.
-chap- - 6. Mär, 14:54

Mein persönlicher Eindruck:

über Jahrzehnte hinweg mache ich (50 J.) die Erfahrung, dass je älter ich werde, das Niveau meiner Generation, auch etwas jüngere, aber vor allem auch der Älteren, immer mehr am verfallen ist.
Da sind fast nur noch innerlich kalte, gleichgültige Egoisten unterwegs, die ggf. auch über Leichen gehen, wobei die soziale Schicht dafür unerheblich ist. Gleichzeitig wird aber über den Verfall der Moral der anderen geklagt.
Das sind meine eigenen Erfahrungen, leider. Vielleicht ist das persönliches Pech, vielleicht aber auch eine allgemeine Entwicklung der sogenannten 68-iger Generation.

Übrigens sind die seit vielen Jahren nach Asien verkehrenden sogenannten Bumsbomber hauptsächlich gefüllt mit älteren Männern.

Trithemius - 6. Mär, 18:07

Man möchte spontan zustimmen, aber es ist immer noch besser als Niveau der Generationen in der Nazidiktatur und der Nachkriegszeit. Vergleichen Sie nur mal das Problembewusstsein. Kein Mensch machte sich Gedanken zum Umweltschutz. Heute ist es selbstverständliches Kulturgut, sich möglichst umweltfreundlich zu verhalten.
Allerdings sprechen Sie auch von Ihrer Generation, die gleichzeitig mit Ihnen älter wird. Wenn man sich nach links und rechts umsieht und einen Werteverfall wahrnimmt, wie die Leute verknöchern und geistig träge werden, ihre Ideale der Reihe nach verleugnen, dem Genuss verfallen, dann stimmt's wieder. Aber wir müssen froh sein, dass die 68er zumindest Ideale hatten, während heute einfach nur drauflos gelebt wird.

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