steppenhund - 14. Mär, 19:06

Ich finde es schon einmal gut, dass ich wenigstens bei Ihnen eine Auseinandersetzung mit dem Thema finde.

Trithemius - 14. Mär, 19:50

Eigentlich ist zu dem Thema alles Vernünftige längst gesagt, aber andererseits fühle ich mich auch in der Pflicht, es aufzugreifen. Danke für den Zuspruch.
Heinrich.Sch - 15. Mär, 04:20

Ja sicher muss man solche Themen aufgreifen. Aber ich sage noch einmal ganz deutlich, warum ich häufig etwas sarkastische Kommentare bei diesen "Diskussionen" abgebe:

In der Tat hätte sich kaum jemand mehr um Guttenbergs Doktorarbeit gekümmert, wenn die Ereignisse zeitlich umgekehrt gekommen wären. Vor dieser Katastrophe in Japan verblasst alles andere.

Diese Aussage bestätigt doch, dass die Menschen (Medien) sich immer nur mit einem Skandal, einem Unrecht oder einer Katastrophe beschäftigen können. Es gibt ja wohl ca. eine Million Missstände auf diesem Planeten, angefangen bei Umweltsünden, Zivilisationskrankheiten, über Menschenrechtsverletzungen, Kriege, Korruption, Kindesmisshandlungen, Verbrechen aller Art bis hin zu Kernkraft.

Darum ist es so lächerlich zu glauben, die Welt kommt in Ordnung, wenn morgen die AKWs abgeschaltet werden, eine andere Partei regiert, katholische Priester abgeschafft werden oder Geschmacksverstärker verboten werden.

Wenn wir betrachten, wie die Menscheit sich entwickelt hat, kann man sehr gut hochrechnen, wie es in 100 oder tausend Jahren aussehen wird.

Wer jetzt also hofft, dass der Ausstieg aus der Atomenergie auch Aids, Schweinegrippe oder Hungersnöte in der 3. oder 4. Welt lindert oder eines der restlichen neunhunderttausendneunhundertneunzig durch Menschen verursachten Probleme behebt, verdrängt nur zur eigenen Beruhigung alle nicht aktuellen Probleme.

Wenn also das zur höchsten Empörung geführte Unrecht der kopierten Doktorarbeit nicht verfolgt worden wäre, wenn Japan etwas eher das Disaster hätte erleiden müssen, kann ich daraus erkennen und entnehmen, wie ernst gemeint die Empörung der Menschen bei den letzten hundert Skandalen oder Katastrophen war. Einfach kindisch, unreif und lächerlich, wie wir Menschen mit uns und unserem Planeten umgehen - das wird nie, nie, niemals eine funktionierende Gemeinschaft.

Im TV wird just in dieser Minute eine Japanerin "zur Schau gestellt",die dem deutschdenkenden deutschen Moderator erklärt, dass die Japaner gar nicht so gelassen sind, wie es scheint, sondern nur gut erzogen und sie persönlich große Angst hat, ihre Heimat komplett zu verlieren.

Vermutlich vergesse ich bei meiner Kritik an mir selbst und meinen Artgenossen, dass das Reden, das Mitreden ein wichtiges Ventil für Ängste ist - selbst wenn man nur dummes Zeug redet oder bei Dingen mitreden möchte, von denen man nichts versteht oder die Hintergründe nicht kennt.

Vielleicht sollte ich weniger reden, sondern mehr handeln. Wenn alle Menschen das täten, müsste aber jemand das Handeln so vieler Menschen koordinieren - sonst ziehen wir eventuell nicht alle am gleichen Strang... Wer könnte so etwas koordinieren? Ein Mensch, ein Manager, ein Politiker oder lieber ein Computer?

Wir können ja mal drüber reden ... ;)

Gruß Heinrich

P.S. Im TV haben sie jetzt die Japanerin durch eine ungleich behandelte Berliner Lehrerin ersetzt. Die arme Frau muss täglich nach Niedersachen pendeln, weil sie in Berlin nicht beamtet werden kann und deshalb nicht in Berlin als Lehrerin arbeiten will, aber auch nicht nach Niedersachsen umziehen kann, weil sie das ihrer Tochter nicht zumuten kann. Schrecklich, was für ein Unrecht hier passiert! Ungleiches Beamtentum innerhalb einer einzigen Republik.
Dieser Skandal wird aber vermutlich wegen Japan nicht die nötige Beachtung finden!
Trithemius - 15. Mär, 09:38

Lieber Heinrich,

vor gut 40 Jahren, als das Wort Globalisierung noch gar nicht gab, kamen die Nachrichten der Presseagenturen aus einem Ticker, der solche Streifen beschrieb, die den Luftschlangen ähneln. Die Redakteure der klassischen Medien konnten davon ausgehen, dass die Nachrichten schon von der Presseagentur gefiltert waren, denn die Ticker waren langsam, ihre Kapazität war begrenzt. Heute senden die Presseagenturen die Nachrichten direkt in die Redaktionssysteme. Da steht in Sekundenbruchteilen ein Textumfang von der Größe der Bibel zur Verfügung. Die Filterung der Nachrichten ist sehr schwierig, so dass häufig das Prinzip "Was machen die anderen?" greift. Themen werden gemacht, weil auch unsere Aufnahmekapazität begrenzt ist. Aber die Entscheidung über die Themen ist nicht mehr Sache der Redakteure allein, sondern Millionen Internetuser mischen auch noch mit. Vor dieser Fülle an Informationen mag man verzweifeln, aber es ist besser als ständig geistig gegängelt zu werden.

Was ist aber der Effekt des gigantischen Informationsaustausches? Viele Gesellschaften haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Nehmen Sie das geschärfte Umweltbewusstsein, das heute selbstverständlich ist, obwohl man am Anfang der 70er noch nicht daran gedacht hat. Ein anderes Beispiel ist die Rolle der Frauen in unserer Gesellschaft. Ihre Stimmen haben heute weit mehr Gewicht als noch in den 70ern. Die Friedensbewegung, die friedliche Revolution in der DDR, die Ächtung der Folter, die unzähligen Nichtregierungsorganisationen, die sich Werten verschrieben haben, die in der Politik zu kurz kommen, Opensource-Software, Wikipedia - das alles sind doch positive Entwicklungen und Erscheinungen der sozialen Vernetzung.

Der Mensch zeigt hier, dass er durchaus lernfähig ist. Unglücklicherweise zeigen just jene Menschen nur geringe Verantwortung, die über Machtmittel und große Geldmengen verfügen. Sie prägen unsere Gesellschaften und propagieren eine Philosophie der Gier. Täglich werden gigantische Finanzmittel rund um den Erdball verschoben, ohne dass dadurch Werte geschaffen werden. Das Geld "arbeitet" angeblich, aber das tut es nicht. Menschen schaffen Werte, gelten aber auf den Vorstandsetagen nur als Kostenfaktor. Dieser unseligen Folge der Globalisierung Herr zu werden bedarf es vieler, die sich mit Themen beschäftigen und Denkanstöße geben. Darin sehe ich auch meine Aufgabe. Ich würde mich viel lieber mit beschaulichen Fragen beschäftigen, aber wer kein grober Klotz ist, wird von manchen Ereignissen berührt und nimmt Stellung dazu. Sie vermissen Handeln? überall im Netz findet Sprachhandeln statt. Das ist gut so, denn wenn auch in Actionfilmen immer wieder gezeigt wird, dass man mit Körperkraft und Gewalt etwas ändern kann, möglicherweise sogar die Welt retten, ist doch die Realität ganz anders. Man braucht Geduld, Herz und Verstand.
Heinrich.Sch - 15. Mär, 15:24

Geduld, Herz und Verstand

Lieber Trithemius,

ich nehme mir Ihre Worte zu Herzen. Ob mein Verstand alles erfassen kann, was auf diesem Planeten passiert, zweifele ich sehr stark an und meine Geduld** habe ich scheinbar in meinem Leben schon verbraucht. ;)

Gruß Heinrich

** Beziehungsweise muss ich jetzt im hohen Alter aufpassen, dass meine Geduld und Gelassenheit nicht zur schnöden Gleichgültigkeit wird.

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