Einfüßler, Chinesen und schon wieder Weltuntergang
von Trithemius - 30. Mär, 18:38
Der bundesweite FUSS e.V. interessiert sich für alles, was mit Füßen zu tun hat. Im letzten Sommer beispielsweise meldete der Verein in einer Pressemitteilung einen rätselhaften Fußabdruck, der im Norden Brandenburgs entdeckt wurde:
Was hatte der Einfüßler wohl 1,50 Meter tief unter Brandenburg verloren, und wo kam er her? Im Sandkasten des Spielplatzes neben dem Teppichhaus muss ein ziemlich tiefes Loch sein. Ringsum sind Sand und Erde aufgeworfen, und zwar von innen herauf. Und seitdem ich das vom Fenster aus entdeckt habe, lungern hinten beim Sandkasten vier Gestalten herum. Scheinen ziemlich erschöpft, denn sie sitzen seit Stunden unentwegt auf einer Bank. Zum Glück sind es Zweibeiner. Geheuer sind sie mir trotzdem nicht, denn sie könnten ja Chinesen sein, die ein Loch durch den Globus gegraben haben. Man möge mich korrigieren, denn ich weiß nicht wirklich, welches Land auf der anderen Seite der Erde genau gegenüber Hannover-Linden Mitte liegt. Der Ozean kann’s aber nicht sein, sonst wären die Männer nass und es käme Wasser aus dem Loch. Oder nicht? Kann man gar nicht durch einen Tunnel zur anderen Seite des Globus kriechen? Bliebe man etwa in der Erdmitte stecken oder würde dort schweben, weil es keine Gravitation gibt?
Wer sich mit derartigen Fragen beschäftigt, betreibt theoretische Grundlagenforschung. Will man die Thesen und Theorien der Grundlagenforschung in der Praxis untersuchen, braucht man lange Tunnel, und das ist sehr teuer. Im CERN haben sie einen Ringtunnel von nur 27 Kilometer Länge, und der kostet schon 10 Milliarden. Und sie schießen dieser Tage auch keine Chinesen durch, sondern je zwei Protonenbündel. Die sollen in der Mitte kollidieren und kleine Schwarze Löcher erzeugen. Es geht darum, in den Zerfallsprodukten der urgewaltigen Explosionen das Higgs-Teilchen zu finden, besser bekannt als „Gottesteilchen“. Der Name ist freilich Unsinn. Selbst wenn das Higgs-Teilchen gefunden wird, kommt es nicht tatsächlich von Gott. Zum Glück nicht, denn sonst wären Wissenschaft und Glaube mit einem Knall dasselbe, eine schreckliche Vorstellung. Wie es zur irreführenden Wortprägung „Gottesteilchen“ gekommen ist, erklärt Robert Aymar, ehemaliger Generaldirektor der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN:
Fotos, Text, Animation: Trithemius
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Was hatte der Einfüßler wohl 1,50 Meter tief unter Brandenburg verloren, und wo kam er her? Im Sandkasten des Spielplatzes neben dem Teppichhaus muss ein ziemlich tiefes Loch sein. Ringsum sind Sand und Erde aufgeworfen, und zwar von innen herauf. Und seitdem ich das vom Fenster aus entdeckt habe, lungern hinten beim Sandkasten vier Gestalten herum. Scheinen ziemlich erschöpft, denn sie sitzen seit Stunden unentwegt auf einer Bank. Zum Glück sind es Zweibeiner. Geheuer sind sie mir trotzdem nicht, denn sie könnten ja Chinesen sein, die ein Loch durch den Globus gegraben haben. Man möge mich korrigieren, denn ich weiß nicht wirklich, welches Land auf der anderen Seite der Erde genau gegenüber Hannover-Linden Mitte liegt. Der Ozean kann’s aber nicht sein, sonst wären die Männer nass und es käme Wasser aus dem Loch. Oder nicht? Kann man gar nicht durch einen Tunnel zur anderen Seite des Globus kriechen? Bliebe man etwa in der Erdmitte stecken oder würde dort schweben, weil es keine Gravitation gibt?
Wer sich mit derartigen Fragen beschäftigt, betreibt theoretische Grundlagenforschung. Will man die Thesen und Theorien der Grundlagenforschung in der Praxis untersuchen, braucht man lange Tunnel, und das ist sehr teuer. Im CERN haben sie einen Ringtunnel von nur 27 Kilometer Länge, und der kostet schon 10 Milliarden. Und sie schießen dieser Tage auch keine Chinesen durch, sondern je zwei Protonenbündel. Die sollen in der Mitte kollidieren und kleine Schwarze Löcher erzeugen. Es geht darum, in den Zerfallsprodukten der urgewaltigen Explosionen das Higgs-Teilchen zu finden, besser bekannt als „Gottesteilchen“. Der Name ist freilich Unsinn. Selbst wenn das Higgs-Teilchen gefunden wird, kommt es nicht tatsächlich von Gott. Zum Glück nicht, denn sonst wären Wissenschaft und Glaube mit einem Knall dasselbe, eine schreckliche Vorstellung. Wie es zur irreführenden Wortprägung „Gottesteilchen“ gekommen ist, erklärt Robert Aymar, ehemaliger Generaldirektor der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN:
Sie suchen im CERN also nach einem gottverdammten Teilchen. Das sagt eigentlich alles. Übrigens muss man sich wegen eines eventuell entstehenden winzigen Schwarzen Lochs keine Sorgen machen. Die Welt geht noch nicht sofort unter, denn Schwarze Löcher sind nur mäßig gefährlich. Es gibt sie überall. Wir sind quasi umgeben davon, man muss nur in die Zeitung schauen oder das Fernsehgerät einschalten. Wer es aber nicht erwarten kann, hier die Wiederholung des Weltuntergangs in CinemaScope:„(…) das Higgs- bzw. schöpferische Teilchen. Es ist ein Name, den der Physik-Nobelpreisträger von 1988, Leon Lederman, geprägt hat. Der Amerikaner hatte ursprünglich einen ansprechenden Titel für sein Physikbuch gesucht (…) Enttäuscht darüber, dass er das Higgs-Teilchen jahrelang nicht finden konnte, hat er es als das ‘gottverdammte Teilchen’ bezeichnet. Sein Verleger fand aber, ‘Gottes-Teilchen’ wäre ansprechender.“
Fotos, Text, Animation: Trithemius