Der Tod des Melkers

Heute gibt es keinen Text, denn mein Kopf mag irgendwie nicht denken. Falls du trotzdem glaubst, Buchstaben zu sehen, die zu Wörtern und Zeilen angeordnet sind und Inhalte transportieren, dann hat es etwas mit deiner Erwartungshaltung zu tun. In Wahrheit steht hier nichts. Alles wird von deinem Gehirn simuliert. Und so ist der gesamte Text deine eigene Leistung. Du hast keinerlei Beweis, dass es anders ist, wenn du niemanden bittest, deine Wahrnehmung zu bekräftigen. Ist das nicht hübsch?

Welchen Text willst du dir einbilden? Du könntest zum Beispiel einige starke Verben mit unregelmäßiger Konjugation im Konjunktiv II nehmen und eine kurze Kriminalgeschichte schreiben.
Wenn er nicht hülfe und die Kuh nicht mölke,
dann lüde sie das Gewehr und schösse.
Er sänke zu Boden, ihm tröffe das Blut von der Stirn,
und mit einem Seufzer stürbe er sogleich.
Sie hübe ihn nicht auf und drösche noch die Leich.
Dann sänge sie ein Lied und mölke rasch die Kuh.
Hurtig rönne die Milch in den Eimer.
Normalerweise hättest du natürlich alle starken Verbformen durch den Infinitiv + würde ersetzt.
Wenn er nicht helfen und die Kuh nicht melken würde,
dann würde sie das Gewehr laden und schießen.
Er würde zu Boden sinken, …
Doch dann hättest du dir die Untat ja gar nicht erst ausgedacht und der Melker würde noch leben. Denn die heute übliche Form ist in der Ballung viel zu umständlich und führt zu eintönigen Wiederholungen. Da macht das Meucheln keinen Spaß.

Kannst du mir einmal sagen, warum die alten Verbformen fast verschwunden sind? Ja, du hast Recht, auch die Klasse der ablautenden Verben ist nicht mehr produktiv. Neue Verben werden nur noch regelmäßig konjugiert.

Die deutsche Sprache hat durch diese Entwicklung an Klangvielfalt eingebüßt. Diese natürliche Abnutzungserscheinung ist vermutlich irreparabel, denn starke Verben mit unregelmäßiger Konjugation werden allgemein als veraltet empfunden und deshalb nicht mehr benützt. Man findet sie fast nur noch in alten Büchern. Doch wenn man diese Bücher nicht liest, existieren sie auch nicht. Ebenso gibt es die starken Verbformen nicht, wenn wir sie nicht mehr verwenden.

Hier jedenfalls findest
du keine starken Verbformen. Hier steht gar nichts. Der Eintrag ist leer. Du hast dir diesen Ausflug in die deutsche Grammatik nur eingebildet.

Pataphysisches Seminar
1702 mal gelesen
webgeselle - 31. Mai, 23:44

Es ist alles noch viel schlimmer...

...auch mich selbst habe ich imaginiert (und ist dies natürlich eine Hommage an den unlängst in die ewige Großgruppe abberufenen Herrn Watzlawick, weshalb ich lieber von "konstruieren" sprechen bzw. schreiben sollte)...

Aber, im Ernst: "hurtig rönne die Mich": das hat doch was, sapperlot!

Trithemius - 1. Jun, 09:29

Du meinst ...

"Die Konstruktion der Wirklichkeit". Das Buch hatte ich einmal, doch es hat sich wieder dekonstruiert.
Careca - 1. Jun, 06:35

Läse ich den Inhalt deines Post, so wäre er mir inhaltsleer inhalsschwer. Läse ich ihn nicht, dann verpäße ich eine Geschicht. Und wünschte ich solch heftigste Kost, dann tränke ich auch nicht Milch, sondern Frischmost ...
Ich fände nichts dort oben, was mich beunruhigen täte, hätte ich gelesen tun täten. ufff ... :)

Trithemius - 1. Jun, 09:30

Dann ist ja alles ...

... noch einmal gut gegangen, mein Lieber.
la-mamma - 3. Jun, 23:20

es lebe der dialekt ...

woun a ned höfat und de kua ned mökat,
lodat´s des g´wehr und schiaßat.
er sankat zu bodn, des bluat spritzat nur so auße aus da stian,
und er starbat sufurt ..
sie hebat erm ned auf und dreschat no de leich
don songats (ev auch singats) a liad und mökat de kua,
und de müch rinnat in kibi.

ist doch ganz präzise, was den konjunktiv I betrifft?

Trithemius - 4. Jun, 14:16

Vielen Dank!

Deine oberdeutsche Dialektversion gefällt mir sehr. Ich finde, sie hat noch mehr Kraft als die hochdeutsche im Konjunktiv II.
Wenn ich es laut spreche, klingt es wie Wienerisch.
la-mamma - 5. Jun, 20:22

wird wohl auch wienerisch sein

da ich ja hier sozialisiert wurde - nur haben wir hier mindestens pro bezirk, wenn nicht pro grätzel varianten, oder eher verschiedenste färbungen, die sich leider verschleifen.
abgesehen davon ist aber meine mama aus oberösterreich und mein papa aus der südsteiermark, bei mir hat sich das dann wohl auch noch vermischt, ich sehe aber jetzt von weiteren varianten ab;-)
Trithemius - 6. Jun, 00:26

So ist es ja eigentlich mit allen Dialekten. Nur für den Außenstehenden klingen sie gleich. Es wäre ein interessantes Projekt, die Varianten der eigenen Dialekt-Region einmal beispielhaft akustisch aufzuzeichnen.
Der Südtiroler Kabarettist Konrad Beikircher hat die Varianten des Rheinischen einmal demonstriert, in dem er ein Ei bestellt.

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