FDP, you make my day

Aus dem süßesten Mittagsschlaf erwacht, wusste ich zuerst gar nicht, woher mich die gute Laune angeflogen hatte. Natürlich hätte ich Grund gehabt, mich über die Konstanz meiner Existenz zu freuen, da ich in meinem eigenen Kopf erwachte und nicht etwa in dem von Kai Diekmann, Kerner oder Beckmann. Eine ganze Weile lag ich noch da und verlängerte im Geist die Liste der Figuren, in deren Kopf ich keinesfalls erwachen wollte. Dieses Spiel ist nicht ungefährlich, denn eine solche Liste hat die Eigenart, immer schmuddeliger zu werden. Man muss die Reihe von unangenehmen Figuren beizeiten beschließen, weit vor nervenden Comedians wie Hans-Olaf Henkel, Hans-Werner Sinn oder Atze Schröder. So kommt man freilich niemals dazu, sich an Leuten wie August Baron von Finck junior zu erbauen.

Wenn August Baron von Finck junior aus einem Mittagsschlaf erwacht, dann gilt sein erster Gedanke natürlich nicht der Liste der Köpfe, in denen er nicht erwachen möchte, sondern seinem Milliarden-Vermögen und dem Umstand, dass es sich per Übernachtung zu vermehren pflegt, was ihn, nebenbei, beinah langweilt, weil’s jeden Tag so ist.

Heute könnte sich August Baron von Finck allerdings köstlich amüsieren. Der SPIEGEL meldet die höchste Parteispende in der Geschichte der FDP. Im Jahr 2009 haben die Freien Demokraten eine gestückelte Parteispende von insgesamt 1,1 Millionen Euro eingestrichen, gespendet von August Baron von Finck, genauer, von seiner Düsseldorfer Substantia AG, Miteigentümerin der Mövenpick-Gruppe, die in Deutschland 14 Hotels betreibt.

Bekanntlich hatte die FDP in den Koalitionsverhandlungen eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotel-Übernachtungen von 19 auf sieben Prozent durchgesetzt. Und dieses Finck-Vermögens-Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist just zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Jeder Geschäftsmann weiß, das Geld wird im Einkauf verdient. Daher hat August Baron von Finck allen Grund zu Freude, dass die FDP und mithin die ganze Bundesregierung für ein Trinkgeld zu haben war. Aber das Beste daran: August Baron von Finck hat uns allen gezeigt, von welch spottbilligen Marionetten wir regiert werden und an wessen Strippen sie hängen.

Vielen Dank, Herr Baron, das ist dAdA!

Abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks
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Careca - 17. Jan, 20:03

Subventionen zum Abschaffen angeschafft

Es ist eine Subvention. Und FDP will doch Subventionen abschaffen. Moment, ich spreche hier von der Mehrwertsteuersenkung und nicht von der Spende. Denn eine Spende ist keine Subvention, die nach Auffassung nur dazu dient, marode Unternehmen vor deren neoliberalistischen Untergang einstweilen zu bewahren. Daher ist die Spende keine Subvention, denn die FDP ist kein Unternehmen sondern ein politische Partei. Und wäre sie ein Sauhaufen, dann würde man sie im Schlachthaus wiederfinden, säuberlich filettiert und haarklein zerlegt. Aber da die FDP nicht dazu taugt, im Supermarkt den Käufern einen Mehrwert anzubieten, so versucht die FDP, Spendern diesen Mehrwert zu ersparen und ihre eigenen Forderungen des Subventionsabbaus vergessen zu machen. Diese Mehrwertsteuer macht das Leben nicht einfacher und entfernt eine Steuerreform zur Vereinfachung des Steuerrechts. Unternehmen, deren Leute im Hotel übernachten, zahlen jetzt mehr und die Abrechnungen werden komplizierter (Übernachtung 7%, Frühstück 19%, Parkplatz 19%).

Wer weiß, das Cafe-to-go 7% Mehrwertsteuer beinhaltet, wird der Kaffee aber im Laden getrunken, sind es 19% Mehrwertsteuer. Daher wird man bei MacDonalds auch immer gefragt "Zum Hier-essen oder zum Mitnehmen?". Die Antwort des Kunden bestimmt den Mehrwertsteuersatz.

Wenn ich es mir so recht überlege, bin ich dafür, die FDP mit 7% Mehrwertsteuer zu belegen: FDP-to-go!

tinius - 17. Jan, 21:48

Ich tendiere zu einer Besteuerung von 19 %, da das Angebot der Partei keine zum Leben notwendigen Waren oder Dienstleistungen bereithält....
Trithemius - 20. Jan, 18:05

Danke für die Erläuterungen, die komplizierte Besteuerung war mir nicht bekannt. Also mehr Kaffee aus Togo trinken ;)
Mimiotschka - 20. Jan, 18:15

Wichtige Frage!!!

Wie is'n das, wenn man dann zum Mitnehmen bestellt und sich trotzdem hinsetzt? Hinterzieht man dann Steuern?
Trithemius - 20. Jan, 20:40

Wichtige Frage

Ich fürchte ja. Der Hintern bringt einen in den Knast.
DasEv (Gast) - 18. Jan, 16:41

Hab ich dich erwischt!

Hallo Jules,

just über dieses Thema hab ich mich heute auch teils amüsiert, teils in Zorn ergangen. Ich hätte den gelben Herren etwas mehr Geschick beim Schmuhtreiben zugetraut - werden sie auch brauchen, wenn sie in der internationalen Kapitalistenliga ihre Fleißsternchen verdienen wollen!
Naja, es ist ja noch nicht aller Tage Abend: Die lernen das schon noch, die Medien noch stärker zu kontrollieren!

Ganz liebe Grüße von Eva (die dich sehr vermisst!)

Trithemius - 19. Jan, 12:30

Hallo Eva,

die FDP ist halt eine kleine Partei, und keiner darf bei denen klüger sein als der Vorsitzende selbst. Daher klappt's auch nicht mit der Medienkontrolle. Da finden sie in Angela Merkel ihre Meisterin.

Herzliche Grüße und schön, dass du hier warst,
Jules
walhalladada - 18. Jan, 17:24

Die unverhohlene Unverfrorenheit dieser 'Spende' macht mich schauern! Auf der anderen Seite bin ich irgendwie zufrieden, weil sie meine schlimmsten Erwartungen bestätigt.

Trithemius - 19. Jan, 12:44

Lieber Herr Dr. Schein,

es geht ja nichts über ein treffendes Beispiel. Mich freut, dass die FDP in eine solch plumpe Falle getappt ist, denn es zeigt nicht nur, wer im Staat das Sagen hat, sondern auch, von welch politischen Leichtgewichten wir regiert werden.
Mimiotschka - 19. Jan, 08:09

Die Konjuktur

Gerade las ich auf Zeit-Online einen Satz von Ernst Fischer. Herr Fischer ist ja DEHOGA-Präsident und wie ich lesen musste, setzt er sich seit Jahrzehnten für die Belange der Hotelbranche ein. Der Gute! Jedenfalls sagte er zu der ganzen Be- und Entlastungsgeschichte: "Sieben Prozent Mehrwertsteuer wären das beste Konjunkturprogramm für eine Branche, in der über 100 000 Arbeitsplätze akut in Gefahr sind." Das Totschlägerargument der gefährdeten Arbeitsplätze hat halt noch immer geholfen. Ach ja, er ist natürlich FDP-Politiker.

Trithemius - 19. Jan, 12:49

Dankeschön für die Ergänzung. Eigentlich müssten wir schon vom Monopoly wissen, dass mit Arbeit sowieso nichts zu gewinnen ist. Man muss viele Hotels haben.
DasEv (Gast) - 21. Jan, 15:55

kleines Korruptionsgedicht von mir

Loblied eines Großindustriellen

Was les ich da im Magazin?
Die FDP – bestochen?
Da freut’s mich, dass ich viel verdien’!
Als hätte ich’s gerochen,

dass ich Gesetze kaufen kann,
von Vater Staat gegeben;
und denke schnell nur noch daran:
was brauche ICH zum Leben?

Nun, meine Arbeiter sind teuer,
verlangen Geld für Leistung.
Ne Unverschämtheit! Ungeheuer!
Was für eine Erdreistung!

Ich frag mal schnell den Roland Koch,
der ist gewitzt und gierig,
ob er nicht mal schnell eben noch,
schön hetzerisch und schmierig,

die Sklaverei beschließen kann.
Die käm’ mir sehr gelegen!
Würd’ produzieren Besen dann,
das wär’ ein großer Segen:

Ich kriegt’ viel Geld für Kehrgerät,
Hätt’ praktisch keine Kosten.
Der Koch sich neue Stimmen sät,
und sichert seinen Posten.

Denn eines weiß ich ganz genau:
Die Armen sollen bluten!
Geh kehren, Plebs, und schaff’ für lau!
Die Reichen sind die Guten!

So schreibe ich dieses Gedicht
um Wahrheit zu verbreiten:
Der Unter wählt, die Lobby sticht.
Ich liebe diese Zeiten!

Trithemius - 21. Jan, 17:13

Ich danke sehr für dein Gedicht
Man sollte es vertonen.
Als Mahnung für die Oberschicht
und andere Personen.

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