Schreit euch frei, aber woanders

Wann immer ich am Hannöverschen Theater am Aegi vorbeikomme, schreien mich von einem Plakat die Scorpions an, und drei von ihnen zeigen sogar mit dem Finger auf mich. Der Grund dafür ist eigentlich keine Entschuldigung: Die aus Funk und Fernsehen bekannte Hannöversche Rockgruppe geht auf Abschiedstournee, weil ihre Mitglieder inzwischen in die Jahre gekommen sind. Vermutlich sind sie müde und auch irgendwie lustlos, denn man hat so ziemlich alles erreicht, was eine Rockband sich erträumen mag. Inzwischen wohnt man schön im Grünen, da draußen im Speckgürtel von Hannover, wo viele Millionäre sich dem luxuriösen Nichtstun hingeben.

Wurst-Scorpions

Ehrlich gesagt, habe ich die Musik der Scorpions nie gemocht. Sie zu hören, bereitet mir Unbehagen. Mir ist dann jedes Mal, als würden mir zwei frittierte Marsriegel in die Ohren gerammt, - plopp, plopp. Und du kriegst das klebrige, süße Zeug kaum wieder heraus. Will sagen, die Musik der Scorpions ist ziemlich aufdringlich, genauso aufdringlich wie ihr hoffentlich letztes Plakat.

Der für die scheußliche Bildidee des Plakats verantwortliche Fotograf hat vermutlich gesagt: "Na los, schreit euch frei! Zeigt, was ihr noch drauf habt!", und das haben die fünf eigentlich müden Männer dann getan, ohne Rücksicht auf mein ästhetisches Empfinden. Man kann solche erstarrten Posen einnehmen, darf wie Sänger Klaus Meine (Bildmitte) in die Knie gehen, als hätte man sich grad vom Topf erhoben, darf auch schreiend auf den blödsinnigen Fotografen zeigen, aber so ein Bild sollte doch besser nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Im öffentlichen Raum gilt es Rücksicht zu nehmen. Es ist nicht schön, sich von Wildfremden anschreien zu lassen, und die ausgestreckten Zeigefinger erscheinen mir wie die entsetzliche Drohung: Gleich gibt’s wieder zwei frittierte Marsriegel in die Ohren.

Lange konnte ich mich nicht dazu überreden, das aufdringliche Plakat zu fotografieren. Noch länger dauerte hat’s gedauert, bis ich wusste, woran mich die gequälten Gesichtsgrätschen der Scorpions erinnern: an Wurst-Achim, das lauteste Lebewesen der Welt.

Wurst Achim

abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks
4572 mal gelesen
Juleika (Gast) - 24. Mär, 15:31

Ohrwurm-Bashing?

*lach* die Scorpions lass ich mal lieber außen vor. Scließlich haben mir die Fans von dä Rott Schduerd bis heute nicht verziehen dass ich ihm ens gebasht hätt :-) Von den Queen Anhängern ganz zu schweigen ...

(Und reich und berühmt bin ich davon auch nicht geworden, so wie du es gesagt hast)

Aber Spaß hat es trotzdem gemacht!

Lieben Gruß
deine Juleika

Trithemius - 25. Mär, 10:35

Gut, dass du ans Ohrwurmbashing erinnerst, liebe Juleika. Und seltsam, dass damals keiner an die heißen Kandidaten Scorpions erinnert hat.

http://abcypsilon777.blog.de/2008/08/23/ohrwurmbashing-4625983/

Aber natürlich gilt mein Versprechen noch, dass die Teilnehmer am Bashing reich und berühmt werden. Nur Geduld.

Herzliche Grüße
Jules
walhalladada - 24. Mär, 18:19

Über die Zunahme solch optischer 'Körperverletzungsdelikte' wird leider keine Statistik geführt, aber die Tatsache, dass sogar ein Theater sich nicht entblödet, seinen Fassadencharakter dergestalt zu entlarven, zeigt immerhin deren Hoffähigkeit. Mir graut's vor Skorpionen ebenso wie vor Marktschreiern!

Trithemius - 25. Mär, 10:45

Der letzte Schrei

Wie Recht Sie haben. Je platter die Aussage, desto weiter wird das Maul aufgerissen.
Maul-aufreißen
buchstaeblich (Gast) - 24. Mär, 18:32

Aus der Seele ...

... sprechen Sie mir - wie sind Sie nur hineingekommen?
Na, egal - Scorpions, das ist die Band gar nicht geht. Nie ging. Und sie sind schon so dermaßen lange viel zu alt, um jung und doof als Ausrede für akustische Penetration benutzen zu können: Musik ist anders!

Trithemius - 25. Mär, 10:39

Bislang ist mir noch nie ein Scorpions-Fan begegnet. Aber es muss sie geben. Bleibt zu hoffen, dass die schon "dermaßen viel zu alten" Scorpions nach ihrer Abschiedstour endlich Ruhe geben.
la-mamma - 25. Mär, 08:28

frittierte mars-riegel werden mich von nun an in meinen geschmacksalbträumen verfolgen. das kommt ja gleich nach apfelstrudel mit vanillesauce;-)

Trithemius - 25. Mär, 10:37

Vor Jahren schon erzählte mir ein Freund nach einer Schottlandreise, dass man dort Marsriegel frittiert wie überhaupt alles, was irgendwie essbar erscheint. Ich konnte das kaum glauben, habe es aber später in einer Reisedokumentation mit eigenen Augen gesehen.
frittieren
Eugene Faust - 25. Mär, 11:21

Möglicherweise war eine Abrissbirne im Spiel. :)

Trithemius - 25. Mär, 12:41

Dankeschön :)

Ersatzweise faule Tomaten.
webgeselle - 25. Mär, 19:37

Ich kenne von denen nichts...


... außer "Wind of Changes", und das Teil erinnert verdächtig (jedenfalls "Strecken weise") an "Changes" von "Yes", das vorher da war (was ich als persönlichen Angriff auffasse)...

Sosindsedieküntsla!

PS: das mit dem Staubsauger-Beutel werde ich ausprobieren - ich berufe mich dann auf Dich!
 

Trithemius - 26. Mär, 11:11

Während ich dir schreibe, höre ich die beiden Titel, was mir eigentlich widerstrebt. Ein Ähnlichkeit kann ich nicht entdecken, abgesehen vom Falsettgesang. Freilich kann ich keine Noten lesen und daher nicht beurteilen, ob es ähnliche Tonfolgen gibt.

Ich habe übrigens niemals nicht behauptet, das Frittieren von Staubsaugerbeuteln und der Verzehr wären empfehlenswert. ;)
webgeselle - 27. Mär, 17:28

Überraschung!


Ich erwäge, ein wenig Scham- und Schuldgefühle zu entwickeln...

Weil: das is' 'n' anderer Titel von "Yes"; ich bin selbst als Ja-Sager nur Durchschnitt, und die CD habe ich gerade wieder einmal nicht...

Ich wünsche trotzdem ein frühlingshaftes Wochenende da oben im Hohen Norden!!!
Videbitis (Gast) - 26. Mär, 12:30

Wieso bedroht Rüttgers mich mit einer überdimensionalen Wurst und einem HULK an seiner Seite? Meine Stimme kriegt der nicht, auch nicht unter Folter - aber auf den zweiten Blick habe ich beruhigt gesehen: Er ist es gar nicht.

A propos Folter: Die Skorpions sind wirklich sehr unangenehm. Ganz los wird man die wahrscheinlich nie, Abschiedstournee ist vermutlich so gemeint, daß sie nicht mehr auf Tournee gehen werden zum Auftreten, sondern wohin? "Home", zu Hause ist es doch am Schönsten. Na dann viel Spaß, kann ich nur sagen. Ich bin nur froh, daß die nicht aus Köln kommen, ich habe hier genug zu tun mit den "Höhnern" und ähnlichen Aufdringlichkeiten.

Trithemius - 27. Mär, 17:05

Zum Glück ist's nicht Wurst-Jürgen

Und du hast Recht, die Höhner sind mindestens genauso penetrant, besonders der total verkitschte, gezwirbelte Schnauzbart Henning Krautmacher. Die Scorpions verlassen wenigstens noch mal das Land, wohingegen die Höhner immer nur um den Dom kreisen.
nömix - 26. Mär, 13:21

Die tun nix, die wollen nur spielen.

Trithemius - 27. Mär, 16:59

Das sagen sie alle, und schon hat man sich Ohrwürmer eingefangen.
Merzmensch - 26. Mär, 13:59

Tja, heutzutage kommt nur das Schreien an. Das Subtile wird nicht wahrgenommen...

Trithemius - 27. Mär, 17:00

Dann muss das Subtile eben auch ein bisschen schreien.
Mimiotschka - 5. Apr, 11:00

Wenigstens Wurst-Achim hat sein Glück gefunden. Man darf gespannt sein, wann sich die Nachbarn das erste mal wegen nächtlicher Ruhestörung beschweren.
Aber seine Liebste scheint was an den Ohren zu haben, denn:
Manuela: „Ich mag seine ruhige Art, die lustigen blauen Augen und seinen kuscheligen Bauch.“

Trithemius - 6. Apr, 16:21

Oh! Vielen Dank für den wunderbaren Link! Mir scheint, die Dame ist nicht nur taub, sondern auch blind und hat nur einen rudimentären Tastsinn. Denn der kuschelige Bauch besteht natürlich ganz aus Wurst.

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