Lieber Trithemius,
ich danke Ihnen für diesen Bericht, der viele Phänomene erklärt, die ich entweder übersehen habe, oder aufgrund meiner wachsenden Gleichgültigkeit ethnologisch nicht näher untersucht habe.
Ich dachte immer, Telefonzellen sind nur noch für die Zwielichtigen, die anonyme Anrufe tätigen müssen, aber kriminell noch nicht so gut geschult sind, sich Handys zu besorgen, die nicht registriert sind. Wenn aber Ihre Telefonzelle so häufig benutzt wird, gibt es sicher noch andere Erklärungen.
Nun weiß ich endlich, was es mit der Nieschlagstraße auf sich hat. Sie wurde in der Straßenbahn unterwegs ausgerufen, als ich als kleiner Junge meinen Opa besucht habe. ( Opa sagte immer "Elektrische" zu der Straßenbahn, denn er kannte noch sehr gut diejenigen, die von Pferden gezogen wurden http://bit.ly/d11ppw) Da ich nach Badenstedt wollte, bin ich nie in der Nieschlagstraße ausgestiegen und habe bis heute nicht erfahren, welche Menschen dort leben.
Apropos leben: Wir hatten heute Morgen 5 Minuten kein Leitungswasser. Meine Frau hat sich mächtig erschrocken, ob sie überhaupt duschen kann. Als es ganz plötzlich und grundlos wieder lief, sagte sie: "Was bin ich froh, dass ich nicht in einer Gegend lebe, in der ich jetzt kilometerweit einen Wasserkrug auf dem Kopf herantragen muss."
das freut mich. Wenn auch die schriftliche Fernkommunikation die Eigentlichkeit vermissen lässt, so bringt sie zumindest manchmal ein paar Denkanstöße hervor, und die Beschäftigung mit Gedanken, nur so, ist ja auch ein lustvolles Erlebnis, nämlich im besten Sinne kulturell. "Kultur ist Reichtum an Problemen" , sagt der wunderbare Egon Friedell, womit er natürlich nicht Probleme wie ein stockender Trinkwasserzufluss oder unterbrochene Stromversorgung meint. Solche Erfahrungen, so unangenehm sie sind, lassen mich immer erkennen, wie seltsdam man doch ist als Mensch. Viele Segnungen der Zivilisation wissen wir erst dann richtig zu würdigen, wenn sie plötzlich fehlen. Es ist gewiss nicht wünschenswert, dass man das Trinkwasser kilometerweit im Wasserkrug auf dem Kopf transportieren muss. Aber es gibt einige Leute, denen würde ich das mal gönnen, als heilsame Strafe.
Die Bevölkerung an der Nieschlagstraße und in den angrenzenden Vierteln ist sehr gemischt, denn es gibt da viele schöne, teure Altbauten, aber auch rottige Häuser mit niedrigen Mieten. Linden war ja einst ein Arbeiterviertel, und zumindest das Selbstverständnis hat sich ein bisschen in der politischen Kultur niedergeschlagen. Hier sieht man viele Transparente gegen Nazis, und auf der Limmerstraße z.B. funktioniert sogar Multikulti.
Schrecklich allerdings finde ich den Dreck auf den Straßen, worüber ich in "Soziologie der Gehwege schon mal geschrieben habe. http://trithemius.twoday.net/stories/lesung-mit-hilfe-der-katze/
Danke für den Link zu dem beeindruckenden Bild vom Kröpcke.
Mein Vater war echter Lindener Butjer und hat mir ein wenig über Linden erzählt. Aber so lustige Straßennamen wie "Pfannistraße" finde ich heute gar nicht mehr. Ich habe sogar vergessen, in welcher Straße er aufgewachsen ist. Das ist aber nicht schlimm, denn unsere gemeinsame Zeit hatten wir ja in Kleefeld.
ich danke Ihnen für diesen Bericht, der viele Phänomene erklärt, die ich entweder übersehen habe, oder aufgrund meiner wachsenden Gleichgültigkeit ethnologisch nicht näher untersucht habe.
Ich dachte immer, Telefonzellen sind nur noch für die Zwielichtigen, die anonyme Anrufe tätigen müssen, aber kriminell noch nicht so gut geschult sind, sich Handys zu besorgen, die nicht registriert sind. Wenn aber Ihre Telefonzelle so häufig benutzt wird, gibt es sicher noch andere Erklärungen.
Nun weiß ich endlich, was es mit der Nieschlagstraße auf sich hat. Sie wurde in der Straßenbahn unterwegs ausgerufen, als ich als kleiner Junge meinen Opa besucht habe. ( Opa sagte immer "Elektrische" zu der Straßenbahn, denn er kannte noch sehr gut diejenigen, die von Pferden gezogen wurden http://bit.ly/d11ppw) Da ich nach Badenstedt wollte, bin ich nie in der Nieschlagstraße ausgestiegen und habe bis heute nicht erfahren, welche Menschen dort leben.
Apropos leben: Wir hatten heute Morgen 5 Minuten kein Leitungswasser. Meine Frau hat sich mächtig erschrocken, ob sie überhaupt duschen kann. Als es ganz plötzlich und grundlos wieder lief, sagte sie: "Was bin ich froh, dass ich nicht in einer Gegend lebe, in der ich jetzt kilometerweit einen Wasserkrug auf dem Kopf herantragen muss."
Gruß Heinrich
das freut mich. Wenn auch die schriftliche Fernkommunikation die Eigentlichkeit vermissen lässt, so bringt sie zumindest manchmal ein paar Denkanstöße hervor, und die Beschäftigung mit Gedanken, nur so, ist ja auch ein lustvolles Erlebnis, nämlich im besten Sinne kulturell. "Kultur ist Reichtum an Problemen" , sagt der wunderbare Egon Friedell, womit er natürlich nicht Probleme wie ein stockender Trinkwasserzufluss oder unterbrochene Stromversorgung meint. Solche Erfahrungen, so unangenehm sie sind, lassen mich immer erkennen, wie seltsdam man doch ist als Mensch. Viele Segnungen der Zivilisation wissen wir erst dann richtig zu würdigen, wenn sie plötzlich fehlen. Es ist gewiss nicht wünschenswert, dass man das Trinkwasser kilometerweit im Wasserkrug auf dem Kopf transportieren muss. Aber es gibt einige Leute, denen würde ich das mal gönnen, als heilsame Strafe.
Die Bevölkerung an der Nieschlagstraße und in den angrenzenden Vierteln ist sehr gemischt, denn es gibt da viele schöne, teure Altbauten, aber auch rottige Häuser mit niedrigen Mieten. Linden war ja einst ein Arbeiterviertel, und zumindest das Selbstverständnis hat sich ein bisschen in der politischen Kultur niedergeschlagen. Hier sieht man viele Transparente gegen Nazis, und auf der Limmerstraße z.B. funktioniert sogar Multikulti.
Schrecklich allerdings finde ich den Dreck auf den Straßen, worüber ich in "Soziologie der Gehwege schon mal geschrieben habe.
http://trithemius.twoday.net/stories/lesung-mit-hilfe-der-katze/
Danke für den Link zu dem beeindruckenden Bild vom Kröpcke.