Ethnologie des Alltags

Mutmaßungen über einen Mann in Schafswolle

Der Mann im Norwegerpullover sitzt wie bestellt und nicht abgeholt am Tisch und starrt geradeaus. Da sitze ich und esse einen Gemüseauflauf. Der starrt mir auf Teller, Gabel und Mund, dass es mir nicht mehr schmeckt. Das ist unhöflich, man macht es nicht. Höchstens wenn er von großem Hunger gepeinigt würde, könnte ich sein Verhalten entschuldigen. Ich gucke ihn mir genauer an. Er scheint nicht wirklich in Not zu sein. Der Norwegerpullover und die grünbraune Kordhose mit Kniff waren bestimmt nicht billig. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass einer wie er in den Laden geht und zum Verkaufspersonal sagt: „Bringen Sie mir einen Norwegerpullover und eine grünbraune Kordhose!“ Zu einem derart gekleideten Mann, der überdies tatenlos herumsitzt und starrt, gehört eine resolute Frau. Eine, die entscheidet, dass er für den Herbst einen warmen Pullover braucht und eine gediegene Hose, die einer Regenböe trotzen kann.

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Perfektes Pilzdinner & ein verstecktes Smartphone

Mein Smartphone ist weg. Ich dachte, es zu Hause bei Leisetönes vergessen zu haben. Da war ich nämlich eingeladen. Es gab Pilze, die Herr Leisetöne und ich am Vormittag im Wald bei Celle gesammelt hatten. Bei unserem zweiten Versuch, in die Pilze zu fahren sind wir nämlich ziemlich erfolgreich gewesen. Namentlich Leisetöne fand viele Steinpilze, während ich bekanntlich auf ungenießbare Kartoffelobristen spezialisiert bin. Nachdem ich falsche Pfifferlinge gelernt habe zu erkennen, fand ich mich oft von ihnen umzingelt. Trotzdem haben wir ein ganzes Körbchen essbarer Pilze gesammelt, wobei wir auch nicht die Kuhpilze verschmähten.

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Wenn dicke Mädchen langsam treten

Ziemlich selten sieht man ein dickes Mädchen Rad fahren. Dabei gibt es genug dicke Teenager. Vermutlich ist es so: wenn dicke Mädchen Rad fahren, bleiben sie keine dicken Mädchen, sondern sind bald einfach nur Mädchen auf Fahrrädern. Letztens aber bin ich beinah mit einem Rad fahrenden dicken Mädchen kollidiert. Ich hatte seine Geschwindigkeit unterschätzt. Es trat so langsam, wie man sich das bei dicken Mädchen vorstellt, war aber mindestens so schnell, wie ein schlankes Mädchen, das 85 Umdrehungen pro Minute kurbelt. Eine Kollision mit so einem dünnen Mädchen könnte sogar schmerzhafter sein, der spitzen Knochen wegen.

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Wenn der Nacken brennt – Kann man Blicke spüren?

Als ich Messdiener war und etwa zwölf Jahre jung, erzählte uns der Herr Pastor bei einem unterhaltsamen Messdienerabend, er habe in Bonn Theologie studiert, und wenn er mit der Straßenbahn zur Universität gefahren sei, dann habe er gern ganz hinten gestanden und sich ein Spiel daraus gemacht, den Passanten draußen auf die Hinterköpfe zu schauen. Viele von ihnen hätten seine Blicke gespürt und sich umgeschaut. Wir könnten es ruhig einmal selbst ausprobieren, das funktioniere. Das habe ich gern geglaubt, denn damals war ich für alles Wundersame zu begeistern.


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Kalter Sommer, Sprachmagie und Nachbarschaft

Es ist viel zu kalt zum Limmern. Obwohl noch immer Leute im T-Shirt und ohne Socken herumlaufen. Diese Leute lesen, dass Sommer ist und lassen die Socken weg. So einen kannte ich mal. In allen Monaten ohne „r“ verschmähte er die Socken. Hinterm Haus hatte er eine Zisterne voller Regenwasser, und sobald der Sommer ausgerufen war, sprang er frühmorgens hinein, auch wenn eine Eisschicht auf dem Wasser war. Man mied ihn, denn in seiner Nähe bekam jeder eine Gänsehaut. Ihn kümmerte das nicht, denn er glaubte an den Sommer. Der Glaube kann Berge versetzen, beziehungsweise Socken verbannen, macht aber einsam.

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Typisch Blond

Über Blondinen muss unbedingt etwas Gutes gesagt werden. Letztens habe ich nämlich über eine attraktive, blonde junge Frau gestaunt, über ein Musterbeispiel an Kompetenz in der Bewältigung einer Alltagspanne. Wäre ich eine attraktive junge Blondine, ich bin sicher, so fix im Kopf wäre ich nicht gewesen.

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Vom richtigen Umgang mit Fernsehstars

Letztens habe ich den Moderator einer Kindersendung im TV gesehen. Er war Gast in einer anderen Sendung, plauderte locker und sang sogar, obwohl er keine Musiksendung, sondern eine Wissenssendung moderiert. Den Mann habe ich einmal vor Jahren getroffen, als ein gemeinsamer Freund umziehen wollte. Der TV-Moderator brachte einen großen Werkzeugkoffer mit, stand aber nur linkisch herum, derweil wir anderen im Schlafzimmer einen riesigen Kleiderschrank zerlegten. Er fühlte sich sichtlich unwohl, hatte freilich schon bei seinem Auftauchen nicht gewirkt, als könnte er ordentlich mit anpacken, und auch sein Werkzeugkasten wirkte wie Dekoration.

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Schurz am Arsch

Gestern war Poschürzentag in Hannover. Wer morgens aus dem Haus gegangen war und eingedenk des Wetters der letzten Tage eine Jacke übergezogen hatte, dem war sie unter der Nachmittagssonne zu warm geworden. Modisch ganz Verwegene binden eine derart lästig gewordene Jacke als Poschürze um. Die Poschürze ist der Lendenschurz des Spießers. Mancher Spießerarsch verdient es durchaus, verhüllt zu werden. Allerdings ist dann die flappende Poschürze kaum schöner anzusehen als der Arsch darunter. So ein Fummel um die Beine scheint männliche Poschürzenträger an archaische Gewandungen zu erinnern, und sie stolzieren daher wie die alten Germanen, die höchstpersönlich an der Schlacht im Teutoburger Land teilgenommen haben.

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Ich fürchte die Mutter aller Dinge – Velo-City-Night

„Velo“, nennen die Schweizer das Fahrrad, „Velo Love“ lautet das Motto der 2. Velo-City-Night Hannover 2013. Und weil es nicht gut ist, Dinge zu lieben, fördern die Veranstalter auch menschliche Kontakte. Für 2 Euro Startgebühr bekommen Singles ein gelbes Armbändchen, die anderen ein magentafarbenes. Freilich ist vom Anbandeln während der Fahrt abzuraten, wenn eintausend Radfahrerinnen und Radfahrer sich auf die 22 Kilometer lange Wegstrecke durch Hannover machen und in erster Linie darauf achten müssen, nicht mit anderen zu kollidieren.

Man weiß ja
nicht, wie sicher die anderen Teilnehmer sind, ob sie es gewöhnt sind, im Verband zu fahren, ob sie immer schön in der Spur bleiben oder Spaßvögel sind, die plötzlich seitlich ausscheren, weil sie es genießen, die gesamte Straßenbreite benutzen zu dürfen. Dieser Platz ist da, denn die Polizei begleitet das Fahrerfeld mit einem Führungsfahrzeug, und Polizisten auf Motorrädern sperren die Strecke für den Autoverkehr.

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Beine auf Abwegen – Hannover Marathon 2013

Maiwetter, linde Luft, blauer Himmel, prächtiger Sonnenschein, Hannover-Marathon. Ich sitze im Georgengarten auf der Treppe des Wilhelm-Busch-Museums wie auf einer Tribüne, um die Parade abzunehmen. Zu Hause hatte ich nur einen flüchtigen Blick auf die Karte der Laufstrecke geworfen, so dass ich zuerst wähne, nah am Start zu sitzen. Dann müssten die ersten Läufer längst durch sein, denn jetzt ist es 10 Uhr, der Start war um 9 Uhr. Es herrscht aber noch Ruhe. Nur vereinzelte Spaziergänger haben den Weg so früh in den Park gefunden. Die meisten gehen ins Wilhelm-Busch-Museum, wo ein Konzert stattfinden soll.

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