Schriftwelt im Abendrot

Über Straßen und Hinterlassenschaften

Vor einigen Tagen habe ich die geographische Lage von Hannover kritisiert und vorgeschlagen, die Stadt zu drehen. Daraufhin schickte mir mein Freund und Mentor Jeremias Coster, Professor für Pataphysik und Leiter des Instituts für Nachrichtengeräte der RWTH Aachen, eine Zeichnung seiner und meiner alten Heimatstadt Aachen und gab mir einiges zu denken. Aber zuerst die Zeichnung, denn weiter unten im Text wird es leider ein wenig unappetitlich. Ich vertraue freilich darauf, dass den Kunden des Teppichhauses nichts Menschliches fremd ist. Hier also Costers wunderbare Zeichnung, die sich in voller Schönheit entfaltet, wenn du darauf klickst.

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Cool! Geil nach der Beichte

Der Comedian Jürgen von der Lippe wurde in einer TV-Sendung auf WDR 3 gefeiert. Man sah ihn mit Bühnenauftritten aus all seinen Lebensphasen. Von der Lippe ist in seiner Jugend Messdiener gewesen und erzählte von seinen Erfahrungen mit der katholischen Ohrenbeichte: Nach der Beichte das wäre ein „geiles Gefühl“ gewesen.

Ich kann mich
auch noch gut an die Ohrenbeichte meiner Kindheit und Jugend erinnern. Tatsächlich fühlte man sich nach der Absolution wie frisch gewaschen. Ein erhebendes Gefühl der Läuterung durchpulste einen, nur „geil“ war das Gefühl ganz und gar nicht. Geile Gefühle hätte man sofort wieder beichten müssen. Sie waren unkeusch, fielen eindeutig unter das 6. Gebot. Denn „geil“ war ein Tabuwort und so eindeutig sexuell zu verstehen wie kein zweites.

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Die Gesellschaft vom Dachboden muss zerfallen

Ich sitze vor der Biobäckerei in der Limmerstraße, trinke einen Milchkaffee und lese einen Roman. Man hat versäumt, die Markise herauszufahren, weshalb es mir in der prallen Sonne fast zu warm ist. Zum Glück ist das Papier des Buches nicht mehr weiß, sondern stark vergilbt, so dass ich nicht von den Buchseiten geblendet werde. Plötzlich fällt ein Schatten auf mich, dann aufs Buch, und wie ich hoch sehe, steht Herr Leisetöne groß vor mir und hat sich herabgebeugt, um zu sehen, in welchem Buch ich lese. Es ist das Buch, das er mir vor ein paar Nächten geliehen hat, Die Gesellschaft vom Dachboden von Ernst Kreuder.

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Vom Beschreiben und Fortschreiben der Bücher

Als der informelle Maler Emil Schumacher gestorben war und ich einem Freund davon berichtete, holte er sogleich das dicke Harenberger Personenlexikon aus dem Bücherregal, schlug es bei Schumacher auf, las vor, was dort geschrieben stand, schraubte seinen Füller auf und schrieb in den teuren Wälzer hinein.
„Was tun Sie da, Sir?“, fragte ich.
„Na, wenn ich schon dabei bin, kann ich doch gleich das Todesdatum eintragen“, sagte er.

Das mag man
heute nicht mehr spektakulär finden, wo doch Wikipedia beinah schneller als die Zeit aktualisiert wird. Ich warte auf den Augenblick, dass der Tod eines berühmten Menschen dort verzeichnet ist, bevor der das Zeitliche gesegnet hat, und zwar nicht irrtümlich, sondern in einer Überholung der fassbaren Realität durch das Digitale. Unmöglich erscheint mir das nicht. Gestern hörte ich beim Osterspaziergang durch Hannovers Großen Garten vom Quantencomputer, dass er nicht nur die digitale Welt völlig umkrempeln werde, sondern auch teilweise in einer anderen Dimension stehen müsste. Man stelle sich vor, einer liest seinen Wikipedia-Eintrag, plötzlich verändert sich der Text, und das letzte, was der arme Mensch in dieser Welt zu sehen kriegt, ist sein aufscheinendes Todesdatum.

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Warum Herr Gottschalck nächtens über meinen Flur schleicht

Der März neigt sich dem Ende zu, doch noch immer hat der Winter die Tage im eisigen Griff. In den Nächten, wenn in den Wohnungen die Heizungen schlafen, dann bekommt das Haus eine Gänsehaut und macht sich kältestarr, während der Frost ins Mauerwerk zieht. Die Dielen beginnen zu knarren, die erkalteten Heizungsrohre knallen, die Wände knistern und flüstern. Es braucht nicht viel Phantasie, sie erzählen zu hören, von meinem Vorbewohner etwa, der ein überaus seltsamer Mann gewesen sei, niemals mit den Nachbarn sprach, und nie verließ er die Wohnung ohne Hut.

Seinen Namen weiß ich nicht. Wir wollen ihn Gottschalck nennen. Herr Gottschalck war von Beruf Korrektor, und sein Arbeitsplatz war ein Glaskasten inmitten einer großen Verlagssetzerei gewesen. Einst war er Schriftsetzer, doch als er in die Jahre kam, machte sein krummer Rücken ihm zu schaffen. Er konnte die schweren Kästen mit den Bleilettern nicht mehr wuchten. Als Herr Oster, der Oberkorrektor des Hauses, plötzlich verstorben war, da wurde Herr Gottschalck in den Glaskasten befördert, um Korrekturfahnen zu lesen und Fehler aufzusuchen. Denn jede Druckerei hat einen ungebetenen Bewohner, den Druckfehlerteufel.

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Acht Omas uzen einen Igel – aber warum?

Weil er die Karteikarten versehentlich vor- und rückseitig beschrieben hatte, habe er ein geplantes Buch nie geschrieben, berichtet der Linguist Harald Weinrich – leider zu spät. Da war mir schon derselbe Fehler unterlaufen. Es ist mühsam, die Übersicht über ausgelegte Karteikarten zu behalten, wenn Wichtiges auf Rückseiten steht. Deshalb will ich auch gar nicht so recht aufschreiben, warum die Omas den Igel ärgern, wo es doch gerade draußen so ungemütlich ist und sogar unentwegt friert. Freilich hatte ich mir das auferlegt, also nicht das Frieren, sondern über das schändliche und zugleich segensreiche Tun der Omas zu berichten. Das beschloss ich, als ich heute Morgen darüber nachdachte, dass der menschliche Körper nicht besonders lernfähig ist.

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Thronverschwörung und ein Sieg der Kaisertreuen

Ein Beitrag zum Regalprojekt des Kollegen Shhhhh

In diesem Text geht es quasi um nichts. Um einen Buchstaben, der mal verschwinden sollte, aber nicht durfte, dann doch verschwand, aber auf geheimnisvolle Weise wieder bereitgestellt wurde. Er tönt nicht, also man hört ihn beim Sprechen nicht, er zeigt weder Dehnung noch Schärfung an, sondern hat seit Jahrhunderten die ehrenvolle Aufgabe, gar nichts zu tun, lediglich besessen zu werden.

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Hl. Joseph, bitt’ für uns! – Die Biographie des Regals

Ein Beitrag zum Regalprojekt des Kollegen Shhhhh

Mein Bücherregal besteht aus vier senkrecht unterteilten Elementen. Das linke Element hat im unteren Teil zwei Glastüren. Dahinter befinden sich Bücher, die ich besonders vor dem Verstauben schützen will. Die Entsprechung der beiden Regalböden im Element ganz rechts ist meiner Dudensammlung vorbehalten. Es gab eine Zeit, in der ich mich intensiv für die Entwicklung der deutschen Orthographie interessiert habe. Daher habe ich die verschiedenen Ausgaben des Dudens von 1901 an gesammelt. Dazu bin ich gern auf Flohmärkten gewesen und habe nach alten Duden gesucht, bis etwas geschah, was meine Sammelfreude getrübt hat. Davon später.

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Wir Baumeister der falschen Perspektiven

Mit dem geschätzten Kollegen Shhhhh tauschte ich mich letztens über falsche Perspektive aus. Er meinte freilich die Erzählperspektive, während ich darin einen Begriff aus der bildenden Kunst verstand, nämlich die Darstellung von dreidimensionalen Objekten, die es in dieser speziellen Weise nur in der 2. Dimension geben kann. Die nebenstehende unmögliche Lattenkiste ist so ein Beispiel. Ich habe einmal ein Foto gesehen, worauf ein Mann eine ähnliche Kiste in den Händen hielt, was allerdings kein Beweis war, dass man sie tatsächlich halten könnte. Die Fotografie ist ja ebenfalls zweidimensional, wenn sie auch die 3. Dimension täuschend echt abbilden kann.

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Ein Läufer schwört auf halterlose Strümpfe

Den ganzen Tag hatte sich die himmlische Sensation angekündigt als heller Flecken in der Wolkendecke. Plötzlich brach die Sonne durch. Leider stand sie schon tief, kam kaum über die Häuser noch hinweg. Einzig die öden Parkplätze von Lidl und Aldi wurden für Sekunden von der Sonne beschienen. Auf diesen Parkplätzen stehen immer erstaunlich viele Autos. Da fahren Leute in Mittelklassewagen vor, bei denen man sich fragt, warum die beim Discounter kaufen. Ist der Grund die BMW-Armut? Sparen sie sich den Unterhalt des Autos vom Munde ab? Oder sind sie nur geizgeil? Oder fußlahm und mögen nicht ihren Einkauf auf dem Buckel nach Hause tragen?

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