Frau Nettesheim ist irgendwie ...
Frau Nettesheim
Wie kommen Sie dazu, mich in Ihrer Reisedokumentation „meine Freundin“ zu nennen Das besitzanzeigende Fürwort ist mir gar nicht recht. Es sollte „eine Freundin“ heißen.
Trithemius
Wer sagt, dass Sie die einzige Frau in meinem Leben sind, Frau Nettesheim.
Frau Nettesheim
Sie haben schon lange keine andere Frau erwähnt.
Trithemius
Na, bin ich vielleicht eine öffentliche Person, die ihr Gefühlsleben auf den Rummel tragen muss?
Frau Nettesheim
Über Regen jammern können Sie.
Trithemius
Wie herzlos. Erst waren Sie verschnupft wegen „meine Freundin“, und jetzt, wo nicht mehr klar ist, ob Sie gemeint sind, hauen Sie mich vor den Kunden in die Pfanne. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Heinrich. „Herzerweichend“ hat er im Kommentar geschrieben.
Frau Nettesheim
Kein Wunder, wenn Sie Ihren Jammer so auskosten. Voran kommen Sie auch nicht, schreiben langsamer als Sie Radfahren, sind nicht mal fertig mit dem Beitrag über Schwerte. Nachher verschießen Sie Ihr Pulver, bevor Sie überhaupt zu Ihren Lesungen in Essen und Aachen kommen. Aber Sie schreiben ja sowieso nur für sich, wie Sie der Mitarbeiterin der Aachener Nachrichten in die Feder diktiert haben.
Trithemius
Ach, das haben Sie gelesen. Vorher haben Sie kein Wort über die Zeitungsberichte verloren, nur nach Druckfehlern Ausschau gehalten. Es ist wahr, nach der Lesung im Kerstenschen Pavillon kam Denise Petzold zu mir und sagte, sie habe noch eine letzte Frage: „Für wen schreiben Sie?“ Weil ich auf diese seltsame Frage nicht vorbereitet war, habe ich gesagt: „Zuerst mal für mich.“ Denn ich veröffentliche nichts, was mir selber nicht gefällt. Das aber ist weniger selbstbezüglich als es klingt. Wenn ein Text nämlich mir nicht gefällt, kann ich nicht erwarten, dass er anderen gefällt. Deshalb sitze ich derzeit in Schwerte fest. Der Text ist noch nicht rund, obwohl ich mich heute sehr darum bemüht habe.
Frau Nettesheim
Dann rufen Sie doch Ihre „Freundin“ an. Sie wird Ihnen sicher auf die Sprünge helfen.
Trithemius
Frau Nettesheim, so habe ich Sie ja noch nie erlebt. Was kann ich tun, was kann ich nur tun?
Frau Nettesheim
Sie könnten sich für Ihre Geburt entschuldigen.
Trithemius
Ein Glück. Ich dachte schon, ich müsste mich erschießen.
Frau Nettesheim
Schaffen Sie doch nicht. Sie würden es literarisch ausschlachten wollen, stundenlang daran rumfeilen, und am Ende müssten Sie den guten Vorsatz aufgeben, weil Sie den Text nicht rund kriegen.