Drei Stunden hinter Frau Nettesheim herlaufen

trithemius & Frau Nettesheim


Trithemius
Stellen Sie sich vor, Frau Nettesheim…

Frau Nettesheim
Wieso, Sie kennen mich doch.

Trithemius
Ich glaube, mein Satz sollte so lauten: Stellen Sie sich vor, Frau Nettesheim, ich bin heute wegen eines umfallenden Weckers aus der Zeit gerutscht und in der Folge drei Stunden zurück. Oder Sie sind mir drei Stunden voraus, wie man’s nimmt.

Frau Nettesheim
Ich nehme an, es ist nur ein technisches Problem, sonst könnten Sie sich nicht mit mir unterhalten.

Trithemius
Wieso? Ich kann Ihren Part der Unterhaltung doch schon vor drei Stunden aufgeschrieben haben und meinen jetzt. Das wäre die Erklärung für das Missverständnis am Anfang der Unterhaltung.

Frau Nettesheim
Trithemius! Sie machen mich ganz verrückt mit diesem Quatsch. Was war also los mit Ihrem Wecker?

Trithemius
Als ich gestern spät zu Bett ging, da habe ich beim Auslöschen des Lichtes den Wecker umgeworfen und im Dunkeln wieder hingestellt. Sie wissen doch, der ist quadratisch.

Frau Nettesheim
Woher sollte ich das wissen? Sollen die Leute denken, ich wäre schon mal in Ihrem Schlafzimmer gewesen?

Trithemius
Sie hätten da ja geputzt haben können.

Frau Nettesheim
Unverschämtheit.

Trithemius
Jedenfalls wurde ich wach um viertel vor drei und dachte: „Nanu? Ist das nicht ein bisschen zu früh?“ Da zwang ich mich, im Bett zu bleiben, und nach etwa einer halben Stunde schlief ich wieder ein. Und wie ich dann erwachte, war es draußen taghell, und mein Telefon klingelte. Ich torkle hin und höre, wie spät es tatsächlich ist. Da hatte ich in der Nacht meinen Wecker um 90 Grad nach links gedreht, und als ich dachte, es ist viertel vor 3 Uhr, war es in Wahrheit 6 Uhr. Jetzt renne ich den ganzen Tag schon diesen drei Stunden hinterher.

Frau Nettesheim
Dann aber flott, schließlich wartet eine Menge Arbeit auf Sie,
nachdem Sie gestern die Buchwerbung veröffentlicht haben.

Trithemius
Sie können ja helfen, nachdem Sie nicht mal mein Schlafzimmer putzen.
(Und sowas will meine Filialleiterin sein.)

Arcade Fire - Ready To Start
1535 mal gelesen
Eugene Faust - 25. Nov, 14:27

Das erinnert mich gerade an eine Episode aus meiner Kindheit

Ich glaube, ich war so acht, neun Jahre alt. Meine Mutter weckt mich
aufgergt. Mach schnell, wir haben verschlafen. Alles läuft in Windeseile
ab: Katzenwäsche, Anziehen, Schulranzen drauf, ab in den Keller. Frau Mutter trägt das Fahrrad hoch. Wir treten aus der Haustüre, die Sterne funkeln. Dreimal dürfen Sie raten, was in dieser Nacht passierte und welche Form der Wecker hatte.

Trithemius - 25. Nov, 16:20

In Ihrem Fall muss der Wecker um 45 Grad nach rechts gedreht gewesen sein. Also nur, wenn er quadratisch war. Das spricht dann gegen diese Form. Ein Wecker sollte besser rund sein, wie ja auch die Zeit rund läuft. In einem Gif, wie Sie auch so schöne machen, ist übrigens die Zeit zyklisch und schreitet niemals weiter voran als das Gif lang ist. Man sieht es auch hier bei den Menschen im Aufzug.
Eugene Faust - 25. Nov, 22:03

Genau 90°!

Trithemius - 25. Nov, 23:32

Sie haben Recht,

45 Grad geht ja gar nicht bei einem quadratischen Wecker. Die Anschauung bringt's. Herrliches Gif, vor allem die Augen.
la-mamma - 25. Nov, 17:19

gehen sie doch einfach heute früher schlafen, dann holen sie sie ganz leicht wieder ein!;-)

Trithemius - 25. Nov, 18:46

Geniale Lösung,

direkt aus dem daoistischen Prinzip Wu Wei, 爲無爲 / 为无为.
Vielen Dank.
Mimiotschka - 26. Nov, 11:56

Eigentlich sind es ja sogar 4 Stunden, wenn Du die Stunde einrechnest, die uns die fiesen Regierungsschergen aufgebrummt haben. Oder müsste man sie abziehen? Ich bin nicht so ganz bei mir. Du mögest mir verzeihen.

Trithemius - 26. Nov, 20:22

Für einen Moment (die späte Antwort täuscht, ich hab nicht etwa über 8 Stunden drüber nachgedacht, sondern höchstens 7 3/4 Stunden ;) hast du mich unsicher gemacht, ob die fiesen Regierungsschergen mir tatsächlich eine Stunde zusätzlich aufgebrummt haben. Es stimmt schon, dass ich die Zeitumstellung noch nicht drin hab, aber wir leben ja jetzt in der Winterzeit, ich bin zur Winterzeit eingeschlafen und zur Winterzeit aufgewacht, wieder eingeschlafen - und da war noch immer Winterzeit. Das hat mit meiner Zeitverirrung nichts tun, will sagen, es wirkt sich nicht aus, da es innerhalb des gleichen Zeitsystems geschah.
Mimiotschka - 28. Nov, 13:26

Du meinst also, dass die Differenz innerhalb einer Zeitzone gleich bleibt und man die andere Zeit nicht berücksichtigen darf? Nun gut! Klingt plausibel.
DasEv (Gast) - 26. Nov, 16:38

Respekt...

...für Arcade Fire - das hört sonst außer mir NIEMAND, den ich kenne :)

Respekt allerdings lässt du gegenüber der armen Frau Nettesheim ein wenig vermissen, du Machoschuft. Ich will das mal mit Unausgeschlafenheit bzw. zeitlicher Desorientierung entschuldigen! ;)

Trithemius - 26. Nov, 22:04

Arcade Fire sind toll. Jetzt sind wir schon zwei. ;)

Du hast natürlich recht, am Respekt gegenüber Frau Nettesheims Putzkünsten habe ich es fehlen lassen. Aber das war nicht immer so:

Frau-Nettesheim-putzt
DasEv (Gast) - 27. Nov, 14:23

*lach*

Eines muss man dir lassen: Du weißt, wie man Komplimente macht, du Frauenflüsterer. Allerdings zieht das wohl wirklich nur bei Damen, die lustige Schürzen und Kopftücher tragen. ICH werde deinen Blog jedenfalls nicht putzen, egal wie nett du schmeichelst!
Merzmensch - 28. Nov, 17:01

Die Zeit ist ein tolles Ding.
Aber manchmal geht sie mir auf den Wecker.

Trithemius - 28. Nov, 20:49

Ja, und vor ihrer elenden Hatz tönen einem manchmal die Uhren.
nömix - 28. Nov, 17:17

Wenn Kollege Aristoteles recht haben sollte und Bewegung und Zeit sich beide wechselseitig bestimmen, bräuchten Sie bloß drei Stunden lang rückwärts spazierenzugehen um vor drei Stunden wieder anzu­kommen. Schon hätten Sie Ihre versäumten drei Stunden wieder.

Trithemius - 28. Nov, 19:20

Negative Geschwindigkeit, das ist die Lösung und ...

erinnert mich an einen Text von Kurt Schwitters:

"In Prag heißt Eingang ›vchod‹ und Ausgang ›vichod‹. Der ganze Unterschied ist nur ein kurzes i. Das gab mir Anlaß zum Denken, und ich dachte über die Begriffe Eingang und Ausgang. Und mit Erfolg. Das Wesentliche ist immer die Richtung des Kopfes, beim Eingang weist sie nach innen, beim Ausgang nach außen. Gut. Ich fragte nun den Pförtner eines großen Kinos in Berlin, ob beim Eintreten in ein Kino eine Geschwindigkeit vorgeschrieben wäre. Der meinte, darüber bestände keinerlei Vorschrift. Gut. Also kann die Geschichte auch negativ sein. Man muß daher nicht den Eingang, sondern den Ausgang eines Kinos betreten, wenn man gratis hineinkommen will, stellt sich mit dem Gesicht nach außen, den anderen schönen Körperteil natürlich nach innen, und geht mit negativer Geschwindigkeit hinaus. Niemand kann Ihnen dann was wollen, denn Sie benutzen den Ausgang in erlaubter Weise. So kommt jedermann ins Kino, ohne was zu bezahlen. Gut. Nun stehen Sie im Saale. Stehenbleiben dürfen Sie nicht, das erlaubt die Polizei nicht. Für Benutzen des Platzes erhebt das Kino aber eine Taxe. Da bleibt Ihnen nur eine Wahl, entweder müssen Sie einen Platz nehmen und bezahlen, oder Sie müssen nun wieder hinausgehen."(Kurt Schwitters 1925)
webgeselle - 28. Nov, 17:59

Interessant ist auch...

 
... dass der letzte Satz nicht laut gesprochen wurde...

(... ich bin eifersüchtig... - oder sagte ich das schon... voll netter Käfer...)
 

Trithemius - 28. Nov, 20:39

Was Frau Nettesheim betrifft, musste ich mich von Eifersucht schon vor Jahren freimachen, wegen Coster nämlich.

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