Frau Nettesheim

Frau Nettesheim ist irgendwie ...

trithemius & Frau Nettesheim

Frau Nettesheim
Wie kommen Sie dazu, mich in Ihrer Reisedokumentation „meine Freundin“ zu nennen Das besitzanzeigende Fürwort ist mir gar nicht recht. Es sollte „eine Freundin“ heißen.

Trithemius
Wer sagt, dass Sie die einzige Frau in meinem Leben sind, Frau Nettesheim.

Frau Nettesheim
Sie haben schon lange keine andere Frau erwähnt.

Trithemius
Na, bin ich vielleicht eine öffentliche Person, die ihr Gefühlsleben auf den Rummel tragen muss?

Frau Nettesheim
Über Regen jammern können Sie.

Trithemius
Wie herzlos. Erst waren Sie verschnupft wegen „meine Freundin“, und jetzt, wo nicht mehr klar ist, ob Sie gemeint sind, hauen Sie mich vor den Kunden in die Pfanne. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Heinrich. „Herzerweichend“ hat er im Kommentar geschrieben.

Frau Nettesheim
Kein Wunder, wenn Sie Ihren Jammer so auskosten. Voran kommen Sie auch nicht, schreiben langsamer als Sie Radfahren, sind nicht mal fertig mit dem Beitrag über Schwerte. Nachher verschießen Sie Ihr Pulver, bevor Sie überhaupt zu Ihren Lesungen in Essen und Aachen kommen. Aber Sie schreiben ja sowieso nur für sich, wie Sie der Mitarbeiterin der Aachener Nachrichten in die Feder diktiert haben.

Trithemius
Ach, das haben Sie gelesen. Vorher haben Sie kein Wort über die Zeitungsberichte verloren, nur nach Druckfehlern Ausschau gehalten. Es ist wahr, nach der Lesung im Kerstenschen Pavillon kam Denise Petzold zu mir und sagte, sie habe noch eine letzte Frage: „Für wen schreiben Sie?“ Weil ich auf diese seltsame Frage nicht vorbereitet war, habe ich gesagt: „Zuerst mal für mich.“ Denn ich veröffentliche nichts, was mir selber nicht gefällt. Das aber ist weniger selbstbezüglich als es klingt. Wenn ein Text nämlich mir nicht gefällt, kann ich nicht erwarten, dass er anderen gefällt. Deshalb sitze ich derzeit in Schwerte fest. Der Text ist noch nicht rund, obwohl ich mich heute sehr darum bemüht habe.

Frau Nettesheim
Dann rufen Sie doch Ihre „Freundin“ an. Sie wird Ihnen sicher auf die Sprünge helfen.

Trithemius
Frau Nettesheim, so habe ich Sie ja noch nie erlebt. Was kann ich tun, was kann ich nur tun?

Frau Nettesheim
Sie könnten sich für Ihre Geburt entschuldigen.

Trithemius
Ein Glück. Ich dachte schon, ich müsste mich erschießen.

Frau Nettesheim
Schaffen Sie doch nicht. Sie würden es literarisch ausschlachten wollen, stundenlang daran rumfeilen, und am Ende müssten Sie den guten Vorsatz aufgeben, weil Sie den Text nicht rund kriegen.

1483 mal gelesen

Frau Nettesheim - zu schwer für den Gepäckständer

trithemius & Frau Nettesheim

Frau Nettesheim
Haben Sie Ihr Programm für die Lesereise fertig, Trithemius?

Trithemius
Wenn die Leute eine fünfstündige Lesung ertragen, dann bin ich fertig.

Frau Nettesheim
Lassen Sie besser noch einige Texte weg.

Trithemius
Ja, natürlich, aber die Qual der Wahl, Frau Nettesheim.

Frau Nettesheim
Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen. Außerdem sollten Sie bedenken, anders als hier haben die Texte Gewicht, zumal Sie den Gastgebern ein Exemplar Ihrer Sammlung schenken wollen. Jedes Gramm zusätzlich auf dem Fahrrad will auch bewegt werden.

Trithemius
Das fehlt mir noch, dass Sie mir sagen, meine Texte im Blog hätten kein Gewicht.

Frau Nettesheim
Ach, Trithemius, seien Sie nicht so empfindlich. Sie wollen doch gut vorankommen, also nehmen Sie nur mit, was die Aussicht hat, gelesen zu werden. Ein, zwei Zugaben obendrauf, dann sind Sie gut gewappnet.

Trithemius
Na, dann will ich noch mal alles durchgucken, und wo Sie vorkommen, das lasse ich dann weg.

Frau Nettesheim
Er mal wieder.

Lesung im Tausch gegen Nachtquartier

''Der Künstler steht zwischen den Tagen wie ein Scharnier."
(Paul Duroy)

Vorankündigung in anderen Blogs:

Eugene Faust: Blogger zwischen Hannover und Aachen aufgepasst!
Heinrich: Wer mit dem Teppich fliegt, braucht kein Kettenschloss
videbitis: Aushang rechts neben der U-Bahnstation am Neumarkt
Einhard: Wichtiger Hinweis - "Was zum Henker ist pataphysisch?"
...
Vielen Dank,
Trithemius

Mehr über den Leseort Kerstensche Pavillon
1354 mal gelesen

Plausch mit Frau Nettesheim - Internetkunst ist kein Entenrennen - Manifest der Netzpataphysik

trithemius & Frau Nettesheim


Trithemius
Wie gefällt Ihnen der Text Ihres neuen Freundes Paul Duroy, Frau Nettesheim?

Frau Nettesheim
Er ist ausgezeichnet.

Trithemius
Wer, Paul?

Frau Nettesheim
Trithemius, jetzt spielen Sie nicht den Eifersüchtigen.

Trithemius
Na gut, ich finde „Schöner Scheitern“ ebenfalls ausgezeichnet. Duroys Text gibt nicht nur Denkanstöße, sich neu im Leben zu orientieren, sondern ist auch ein künstlerisches Manifest. Es propagiert Kunst, die sich den Zwängen des Marktes entzieht, überhaupt nichts mit diesem Entenrennen zu tun haben will. Sie findet im Leben statt und nicht in Museen oder auf dem Kunstmarkt. "Nimmst du Eintritt?", hat Günter Perplies mich gefragt. Ich sage: "Nein!", sagt er: "Wir auch nicht." Es ist wunderbar, dass er sogleich verstanden hat, worum es geht, obwohl eine Galerie normalerweise vom Kunsthandel lebt.

Frau Nettesheim
Wenn diese Kunst nicht auf den Kunstmarkt drängt, wohin dann?

Trithemius
Sie sucht den Kontakt und die Interaktion mit allen, die sich angesprochen fühlen. Jeder Künstler schafft sein Werk nur zu 50 Prozent. Ein Buch, das niemand aufschlägt, ist tot, ein Bild, das keiner betrachtet, existiert nicht. Die 50 Prozent zum Leben von Bild und Buch geben die Leser, Betrachter und Kommentatoren hinzu, indem sie das Angebot durch ihren Kopf schicken und mit der Bedeutung versehen, die es für sie hat. Aber sie sind bei den klassischen Medien stumm, Rezipienten, keine Produzenten. Im Internet ist es völlig anders. Hier nehmen sie teil an einer Kunst, deren wesentliches Merkmal die Interaktion innerhalb eines Netzwerkes ist. So sind alle interaktiven Projekte des Teppichhauses zu verstehen, die fünf Lesenächte, die Freitagsdiskussion, die Papiere des PentAgrion, das Hin- und Herkommentieren, und die Steigerung ist meine pataphysikalische Forschungs- und Lesereise. Wer mich für eine Nacht beherbergt, für den lese ich, und damit ist er Teilnehmer und Mitgestalter einer sozialen, interaktiven Kunstaktion. Und so verbietet sich, dass es dabei um Geld geht. Geld hat überhaupt nichts verloren in einer solchen Aktion. Das Motto des Teppichhauses ist seit den Anfängen: Klaut alles. Das schließt eine kommerzielle Nutzung aus.

Frau Nettesheim
Wollen Sie aufhören zu essen?

Trithemius
Hab schon mal dran gedacht, aber aus anderen Gründen. Sie lenken mich ab, Frau Nettesheim. Es gibt ja bereits ein neues Mäzenatentum im Netz, Leute sponsern Wikipedia oder die Entwickler von Opensource-Programmen. Verstehen Sie doch, wer Wissenschaft, Literatur und Kunst im Internet anbietet, der wechselt nicht einfach nur vom Papier ins Digitale. Er muss auch seine Denkrichtung ändern, sonst nutzt er das Internet wie eine Litfaßsäule, die ja von dem Buchdrucker Ernst Litfaß erfunden wurde, als Einkanalmedium. Wer das Internet als Einkanalmedium begreift, wer es mit dem Denken der Buchkultur angeht, hat zwar einen Porsche, fährt aber nur im 1. Gang. Es geht um den Aufbau und die Weiterentwicklung von Netzwerken, in denen soziale Energie fließen kann.

Frau Nettesheim
Eine soziale Plastik, wie sie Joseph Beuys propagiert hat?

Trithemius
So ähnlich. Mir gefällt das Wort Plastik nicht, weil es zu statisch klingt. Soziale Netzwerke sind dynamisch, verändern beständig ihre Form, erweitern, verästeln sich, und wo sie sich verdichten, da ist ein schöpferisches Hin und Her, erfasst das Leben jedes Teilnehmers und gibt ihm neue ungeahnte Qualität. Es ist leicht, es hat Witz und steht weit über den bedrückenden Zwängen, die sich in unseren Gesellschaften aufbauen.

Frau Nettesheim
Das klingt hübsch. Haben Sie etwa einen neuen Weg für sich gefunden, Trithemius?

Trithemius
Und einen neuen Kunstbegriff. Es fehlte mir bis vor kurzem die Radikalität, die in Duroys Text zum Ausdruck kommt. Manchmal habe ich noch mit einem Auge zum Printmedium rüber geschielt, überlegt, ob ich wieder mal was für die Titanic schreiben soll und so. Aber das war jedes Mal ein Rückfall in altes Denken, ins Denken der Buchkultur. Das Internet ist keine stumme Erinnerungsoberfläche, es ist wie eine riesige wandernde Parabolantenne, die Impulse auffängt und wieder abstrahlt. Diese Antenne lässt sich nutzen als soziale Vernetzungsmaschine, mit der sich Zeit, Raum und andere Einschränkungen überwinden lassen. Wer daran mitwirkt, verdichtet das Internet und bereichert sein Leben.

Frau Nettesheim
Weshalb Sie sich Internetdichter nennen.

Trithemius
Einer muss den Anfang machen mit der NETZPATAPHYSIK. Schließlich haben wir ein Teppichhaus, Frau Nettesheim, kennen uns also aus mit Knüpftechniken.

''Der Künstler steht zwischen den Tagen wie ein Scharnier." (Paul Duroy)

Lesung im Tausch gegen Nachtquartier

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Heinrich: Wer mit dem Teppich fliegt, braucht kein Kettenschloss
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...
Vielen Dank,
Trithemius

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2192 mal gelesen

Kurzer Plausch mit Frau Nettesheim

trithemius & Frau Nettesheim

Frau Nettesheim
Armer Trithemius, Sie lassen den Kopf hängen.

Trithemius
Das darf ich, Frau Nettesheim. Grad bin ich dabei, mein Verhältnis zur Welt neu zu ordnen, und das ist anstrengend.

Frau Nettesheim
Kann ich mir kaum vorstellen.

Trithemius
Klar, wer es täglich tut wie Sie, Frau Nettesheim, beachtet es kaum.
Aber ich habe nun mal ein gewisses Beharrungsvermögen, und das zu überwinden ist eben anstrengend.

Frau Nettesheim
Wollen Sie damit sagen, dass ich flatterhaft bin?

Trithemius
Nie und nimmer, Sie flattern höchstens ein bisschen. Das hat vermutlich was mit Pataphysik zu tun, aber ich weiß natürlich nichts Genaues über Ihre spezielle Art, durchs Leben zu treiben.

Frau Nettesheim
Was reden Sie denn daher, Trithemius?

Trithemius
Ich meine nur, dass Sie sich innerlich selten festlegen, sondern kluge Distanz wahren zu den Menschen und Dingen in Ihrer Umgebung. Das würde ich mir gerne von Ihnen abgucken, wenn’s nicht so eine schwierige Übung wäre.

Frau Nettesheim
Sie wissen genau, wie das geht.

Trithemius
Ja, Frau Nettesheim, aber ich mache das etwas anders als Sie und bitte um die Erlaubnis, den Kopf noch ein bisschen hängen zu lassen.

1659 mal gelesen

Virtueller Kaffeeplausch mit Frau Nettesheim

trithemius & Frau Nettesheim

Frau Nettesheim
Wenn Sie sich mal nicht in den Keller schreiben mit dem PentAgrion-Projekt.

Trithemius
Fallen Sie mir etwa in den Rücken?

Frau Nettesheim
Ganz und gar nicht. Aber ich fürchte, Sie verschrecken Ihre Leser, wenn Sie aus der Rolle fallen wie im 3. Kapitel.
Trithemius
Ich habe nur thematisiert, dass im Internet der Ich-Erzähler und der Autor sich unentwirrbar vermischen. Im gedruckten Buch ist der Unterschied klar: Hier der Autor, da sein Ich-Erzähler. Im Blog scheint diese Trennung aufgehoben zu sein. Autor und Icherzähler tauschen beliebig ihre Rollen.

Frau Nettesheim
Das ginge auch im gedruckten Buch, wenn der Autor es darauf anlegt.

Trithemius
Ja, aber hier geschieht es absichtslos. Selbst wenn die Trennung klar ist, spätestens in den Kommentaren scheint der Ich-Erzähler sich zu äußern.

Frau Nettesheim
Das haben Sie sich selbst eingebrockt, weil Sie zwei Namen verwenden,
mal als van der Ley auftreten, mal als Trithemius.

Trithemius
Und manchmal sogar als Frau Nettesheim.

Frau Nettesheim
Laufen Sie etwa in meiner Abwesenheit in Frauenkleidern herum?

Trithemius
Das brauche ich doch gar nicht, Frau Nettesheim. Hier ist alles virtuell. Theoretisch könnte sogar die ganze Plattform ein Fake sein. Man hat den Stil und den Wortschatz verschiedener Menschen analysiert, Blogidentitäten erzeugt, und ein Zufallsgenerator bestimmt, wann diese Identitäten aktiv werden. Dann erzeugt ein anderes Programm aus Textbausteinen neue Blogeinträge oder Kommentare.

Frau Nettesheim
Ach ja? Sie unterhalten sich mit virtuellen Personen, deren Äußerungen von einem Textautomaten kommen, derweil Sie eigentlich etwas anderes machen müssten, mal wieder abwaschen und Ihre Wohnung aufräumen?

Trithemius
Nö, wenn alles nur eine Computerillusion ist, dann wären Sie und ich ja auch nur Produkte dieses automatischen Schreibens. Und während wir uns scheinbar unterhalten, stehe ich in Wahrheit in der Küche und wasche ab.

Frau Nettesheim
Dann sind Sie schon eher ein Seehund und balancieren einen bunten Ball
auf der Schnauze
.

2032 mal gelesen

Plausch mit Frau Nettesheim - Falsche Wachhunde

trithemius & Frau Nettesheim

Trithemius
Fragen Sie sich eigentlich nicht, wer die Hofhunde von der Leine gelassen hat, Frau Nettesheim?

Frau Nettesheim
Wie meinen?

Trithemius
Na, die Meute, die Journaille, die über Horst Köhler hergefallen ist. Zuerst haben sie ihn unisono angekläfft, weil er ausgeplaudert hat, warum deutsche Soldaten in Afghanistan erschießen und erschossen werden.

Frau Nettesheim
Das war eine unglückliche Äußerung. Er hätte wissen müssen, dass er eine Diskussion auslösen würde, die den Regierenden unangenehm ist.

Trithemius
Diese Diskussion fand ja gar nicht statt. Man hat’s schlankweg vom Tisch gewischt, obwohl es die einzige plausible Erklärung für den Afghanistan-Einsatz ist, die ich bislang gehört habe. Aber das darf niemand öffentlich aussprechen, weil dieser Einsatz dann verfassungswidrig wäre. Da vergisst unsere Presse ihre Wächterfunktion und gebärdet sich staatstragend.

Frau Nettesheim
Man will den deutschen Soldaten nicht in den Rücken fallen, keine neue Dolchstoßlegende. Diesen Effekt kann man auch in den US-Massenmedien beobachten. Eine Kritik der Kanonenbootpolitik der US-Regierungen findet nicht statt.

Trithemius
Da wissen Sie mal wieder mehr als ich, Frau Nettesheim. Jedenfalls kam dann der zweite Akt: Köhler trat zurück, und prompt wurde gerufen, er reagiere wie eine beleidigte Leberwurst. Der ARD-Chefredakteur Thomas Baumann ging noch weiter. Er kommentierte, Horst Köhlers Rücktritt sei eine Respektlosigkeit dem deutschen Volk gegenüber. Köhler schmeiße in einer Zeit hin, in der es mehr denn je auf das Vertrauen in die Politik ankomme.

Frau Nettesheim
Das ist ulkig. Wann je hätte sich das deutsche Volk den Bundespräsidenten gewählt? Das Amt wird immer durch Parteienklüngel besetzt. Dass die Verantwortlichen für den Vertrauensverlust an ihren Sesseln kleben, ist die eigentliche Respektlosigkeit gegenüber dem deutschen Volk. Da hat Herr Köhler mehr Respekt bewiesen.

Trithemius
In Wahrheit wissen wir nicht das Geringste über Köhlers Motive. Von den öffentlichen Verlautbarungen durch ihn selbst, Merkel und Westerwelle, glaube ich kein Wort. Ich bin ziemlich sicher, dass man ihn loswerden wollte und ihm keine Wahl gelassen hat. Schon am 22. März 2010 titelte Tageschau.de: „Köhler spricht klare Worte - und keiner hört hin.“ Jetzt hat er etwas gesagt, was sich nicht überhören ließ, und darum hat er den Tritt bekommen von den beiden, die ihn ins Amt gehoben haben.

Frau Nettesheim
Frau Merkel hat gesagt, sie habe alles unternommen, Köhler umzustimmen. Westerwelle will es auch versucht haben.

Trithemius
Merkel wird wohl kaum sagen: „Ich bin froh, dass ich die lästige Fackelsnase los geworden bin.“ Schließlich kennt sie die orwellschen Euphemismen bestens aus der Zeit als FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda. Aber das macht mir den geringsten Kummer, was mich wirklich sorgt, ist die Journalisten-Meute, die nach ihrer Pfeife tanzt.

Frau Nettesheim
Und ich verstehe endlich Ihren satirischen Filmtipp.

Trithemius
Mist! Wenn man den Witz erklären muss, ist er nicht gelungen.

1473 mal gelesen

Plausch mit Frau Nettesheim - Geschlossene Fenster

trithemius & Frau NettesheimTrithemius - Die Heizung geht wieder, Frau Nettesheim. Gestern habe ich über eine Stunde nach der Anleitung für den elektronischen Thermostaten gesucht. Dabei fiel mir auf, dass ich enorm viel Zeug in den Schubladen habe, das ich nicht mehr brauche.


Frau Nettesheim - Und warum werfen Sie nichts davon weg?

Trithemius - Das liegt zum Teil an der „von unbestimmter Sehnsucht erfüllten Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu früheren, in der Erinnerung sich verklärenden Zeiten, Erlebnissen, Erscheinungen in Kunst; Musik, Mode u. a. äußert.“

Frau Nettesheim - Was für ein Satz! Geht es auch kürzer?

Trithemius - Nostalgie. Sie wissen, Frau Nettesheim, dass ich mich bemühe, Fremdwörter zu vermeiden, aber manchmal fehlt eben ein entsprechendes deutsches Wort. Wegen Nostalgie habe ich im Fremdwörterduden nachgeschlagen. Der Duden braucht zum Verdeutschen 27 Wörter. Was ist wohl der Grund für die Lemmalücke im deutschen Wortschatz?

Frau Nettesheim - Unsere Vorfahren hatten offenbar keinen Bedarf. Vielleicht haben sie sich nie sehnsuchtsvoll an die Vergangenheit erinnert, sondern waren in der Gegenwart zu sehr gefordert und haben auf eine bessere Zukunft gehofft.

Trithemius - Das klingt zwar nach einer gewagten These, Frau Nettesheim, aber irgendwie haben Sie vermutlich Recht. Nostalgie ist erst durch die gereiften 68er in Mode gekommen, wie ich einem aufschlussreichen Essay entnommen habe.

Ich vermute, das Wort kam auf, weil die Welt sich durch die modernen Kommunikationsmittel beschleunigte. Wenn alles so rasch geht und immer schneller in der Versenkung verschwindet, wollen wir manchmal innehalten und zurückblicken, aus der „von unbestimmter Sehnsucht erfüllten Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu früheren, in der Erinnerung sich verklärenden Zeiten, Erlebnissen, Erscheinungen in Kunst; Musik, Mode u. a. äußert.“ Und wenn einer dieses Gefühl hat und ein anderer fragt, was guckste so blöd, dann ist es einfacher zu sagen: "Ich hab' Nostalgie!“ Auch wenn’s ein Fremdwort ist oder sogar, weil es ein Fremdwort ist.

Frau Nettesheim - So ein Quatschkopfwort kommt mir nicht über die Lippen.

Trithemius - Was halten Sie von Vergangensucht, Früherweh oder Frühersucht, Vergangenweh?

Frau Nettesheim - Frühersucht wäre etwas anderes als Früherweh. Genauso ist Vergangensucht nicht gleich Vergangenweh. Warum haben Sie so viele Gegenstände in Ihren Schubladen, Trithemius?“

Trithemius - Aus Vergangenweh. Ach, die süßen Erinnerungen!

Frau Nettesheim - Heuchler. Vermutlich sind Sie nur zu faul, mal gründlich auszumisten.

Trithemius - Nicht ganz, Frau Nettesheim. Einiges in den Schubladen ist Autobiographie durch Dinge. Anderes, wo ich die Herkunft nicht mehr weiß, liegt da für die Zukunft. Man könnte es vielleicht mal brauchen. Und dann sind da Dinge, die ihre Bedeutung verloren haben, weil sie Technikgeschichte sind: Bedienungsanleitungen, Kassetten, Floppy Discs, Kompakt Discs, CD-Roms, Festplatten. Die Datenträger bewahren ihre Inhalte als stillschweigendes Geheimnis, denn ich besitze keine Geräte mehr, sie zum Sprechen zu bringen. Soll ich die Datenträger wegwerfen? Die Inhalte sind ja noch nicht wirklich im Orkus verschwunden. Man könnte sie theoretisch noch auslesen. Aber sie leiden an Schwindsucht. Wie traurig. Das macht mir so ein Vergangenweh.

Frau Nettesheim - Do mäht mer en Kölle kein Finster för op.
1788 mal gelesen

Plausch mit Frau Nettesheim - CERN-Espresso bitte

trithemius & Frau NettesheimFrau Nettesheim
Die Sache mit dem Hackerangriff war ja wohl ein Aprilscherz. Das haben Sie selbst gefingert, Trithemius.

Trithemius
Bewahre. Ich kenne das Wort
„gefingert“ nicht einmal, liebe Frau
Nettesheim. Glauben Sie denn im
Ernst, ich würde meine eigenen
Texte elektronisch destabilisieren und die Kunden absichtlich
verunsichern, womöglich sogar nervös machen?

Frau Nettesheim
Und wie kommt es, dass Ihre Ausflüchte bombenfest da stehen, obwohl Ihr so genannter Internetexperte gar nichts gemacht hat?

Trithemius
Sagen Sie ja nicht solche Wörter wie „bombenfest“. Wir sind hier nicht bombenfest. Bedenken Sie, wie fragil digital verbreitete Texte sind. Sie bestehen doch quasi aus Nichts und können jederzeit ausgelöscht werden, so dass niemand auch nur eine Ahnung davon hat, dass sie einmal bestanden haben.

Frau Nettesheim
Schlechter Stil.

Trithemius
Was?

Frau Nettesheim
Zwei abhängige Nebensätze hintereinander mit der
Gliedsatzkonjunktion „dass“.

Trithemius
Ach, Sie lenken nur ab, Frau Nettesheim, weil Sie Ihre bodenlose Unterstellung nicht beweisen können. Inzwischen glaube ich, dass die beiden Texte flackern, weil unser gesamtes Raumzeitkontinuum vorübergehend ein wenig instabil war. Vermutlich ein unerwünschter Nebeneffekt der Versuche im Teilchenbeschleuniger von CERN. Aber das nehme ich gern in Kauf. Grundlagenforschung ist wichtig. Man weiß noch nicht, wozu sie gut ist, aber irgendwann profitieren wir alle von den Ergebnissen.

Frau Nettesheim
Dass nenne ich eine nassforsche Behauptung. Sie wissen nichts darüber, sondern plaudern einfach was daher. Beweisen müssen Sie nichts, denn sollte sich ein Nutzen nicht einstellen, können Sie immer noch auf eine unbekannte Zukunft verweisen.

Trithemius
Sie werden es noch erleben, Frau Nettesheim, den Segen für die Menschheit. Dank CERN werden wir bald Espressomaschinen haben, die das Wasser mit Überlichtgeschwindigkeit ins Kaffeepulver schießen, so dass Wasser- und Kaffeemoleküle in einem kleinen Urknall verschmelzen. So einen köstlichen Espresso haben Sie noch nicht getrunken. Er ist fertig, bevor Sie die Espressomaschine überhaupt angeworfen haben, und von hier bis Feuerland werden die Menschen in Jubel ausbrechen und ihre Hüte in den Himmel werfen, so sie welche haben. Natürlich sind die Prototypen groß wie Einfamilienhäuser, aber man kann ja die Zimmer in die Außenhülle einbauen, wohnt dann quasi direkt in der Espressomaschine.

Frau Nettesheim
Na dann frohe Ostern, Sie Irrer, da lobe ich mir den Handaufguss.

Trithemius
Das ist beinah so schön, wie das hier:
1689 mal gelesen

Erneut vergessen - Internationaler Tag der Frau

frauenlob02
1775 mal gelesen

Kaffeeplausch mit Frau Nettesheim - Richtig Klauen

trithemius & Frau Nettesheim
Trithemius
Hallo, Frau Nettesheim, ich gucke jetzt zu Ihnen rüber!

Frau Nettesheim
Und warum kündigen Sie das an?

Trithemius
Ich wollte Sie nur vorwarnen. Am Ende erwische ich Sie, wie Sie gerade eine Büroklammer klauen, und dann, das können Sie sich denken, müsste ich Sie entlassen.

Frau Nettesheim
Weil ich eine Büroklammer in der Hand habe?

Trithemius
Nein, weil Sie sich haben erwischen lassen. Klauen will nämlich gekonnt sein, und ich vermute, da haben Sie zu wenig Übung.

Frau Nettesheim
Da vermuten Sie richtig.

Trithemius
Hm, das ist ein Fehler. Klauen ist eine Kulturtechnik.

Frau Nettesheim
Wer hat Ihnen denn diesen Floh ins Ohr gesetzt?

Trithemius
Rüdiger Schaper vom Berliner Tagesspiegel. Der hat zur Verteidigung von Fräulein Hegemann geschrieben: „Klauen ist kein Kulturbruch, sondern eine altbewährte Kulturtechnik.“

Frau Nettesheim
So wie Lesen, Schreiben und Rechnen?

Trithemius
Genau. Zuerst war ich auch ein wenig befremdet. Aber nach kurzem Überlegen habe ich einsehen müssen, der Mann hat Recht. Freilich muss man sich auf Kosten anderer bereichern, ohne den juristischen Tatbestand des Diebstahls zu erfüllen. Dann kann man seine Mitmenschen, ja, sogar ganze Gesellschaften nach Herzenslust ausrauben und genießt trotzdem hohes Ansehen.

Frau Nettesheim
Sie meinen: Richtiges Klauen will gelernt sein.

Trithemius
Das ist der Punkt. Unsere Schulen haben versagt. Klauen ist kein Schulfach, und es gibt auch keine Didaktik des Klauens. Dieses Feld wird bislang nur an Hochschulen und Eliteuniversitäten beackert, in der Wirtschaftswissenschaft und im BWL-Studium. Manche lernen das richtige Klauen freilich durch das gute Vorbild im Elternhaus, doch die breiten Massen, vor allem die unteren Schichten, sind klautechnisch völlig unterbemittelt. Sie haben nicht die geringste Klaukultur, sind quasi funktionale Klau-Analphabeten.

Frau Nettesheim
Das ist doch Unsinn. Ehrlich währt am längsten.

Trithemius
Sagen Sie mal, Frau Nettesheim, wenn Sie hinterm Mond leben, wozu brauchen Sie dann überhaupt eine Büroklammer?
2221 mal gelesen

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