Plausch mit Frau Nettesheim - Die Decke unter dem Kinn
von Trithemius - 24. Apr, 09:43
Trithemius
Ich habe die Duden-Office-Bibliothek auf die Festplatte des Teppichhaus- Rechners gepackt, Frau Nettesheim. Das ist ziemlich bequem, denn ich kann während des Schreibens ein Wort nachschlagen. Doch ich spiele mit dem Gedanken, das Programm wieder zu löschen.
Frau Nettesheim
Sagt Ihnen die neue Duden-Orthographie doch nicht zu?
Trithemius
Wo sie mir nicht einleuchtet, schreibe ich eben anders. Nein, bislang bin ich gelegentlich beim Tippen aufgestanden und habe ein Wörterbuch aus dem Regal geholt, hab mich ins Licht gesetzt und nachgeschlagen. Und manchmal habe ich ein Wort durch verschiedene Wörterbücher hindurch verfolgt, bin also noch mal zum Regal gegangen und habe ein anderes Buch befragt. Da muss ich blättern, finde etwas anderes, was ich gar nicht gesucht hatte – das alles ist Teil der Verarbeitungsprozesses während des Schreibens.
Frau Nettesheim
Vergessen Sie die haptische Qualität nicht. Beim Blättern spürt man das Gewicht des Buches in den Händen, hat Papier zwischen den Fingern, nimmt seinen Geruch war, riecht die Druckerschwärze, sieht Benutzerspuren und Alterungserscheinungen – darauf wollte ich nicht verzichten.
Trithemius
Eben, das sind gewichtige Gründe, die für ein Buch und gegen eine Office-Bibliothek sprechen. Andererseits merke ich, dass sich meine Schreib- und Lesegewohnheiten verändern, denn oft weiß ich die Qualitäten eines Buches nicht mehr zu schätzen. Das gleiche gilt auch für das Schreiben, denn ich schreibe immer seltener mit der Hand, allenfalls wenn ich unterwegs bin.
Frau Nettesheim
Dann schaffen sie sich bloß keinen Laptop an, sonst fällt das auch weg. Ich wundere mich über Sie. Nach außen propagieren Sie den Wert des Materialcharakters von Schreiben und Lesen, und jetzt gestehen Sie mir solche Dinge. Das Wort „Paarung wirkt auf die Partner“ scheint sich auch im Hinblick auf die Paarung Mensch-Maschine zu bestätigen, nur dass Sie sich allein der Maschine anpassen. Warum setzen Sie sich sehenden Auges solchen Anpassungsprozessen aus?
Trithemius
Es ist das Prinzip der kurzen Decke, Frau Nettesheim. Zieht man sie sich unters Kinn, legt man seine Füße frei.
Frau Nettesheim
Und was ist gut daran, die Decke unterm Kinn zu haben?
Trithemius
Ein Weblog wie das Teppichhaus zum Beispiel. Es hat eine Reihe Vorteile gegenüber dem gedruckten Buch. Ich kann schreiben wie und was ich will, ohne dass mir ein Redakteur oder ein Lektor hineinfunkt. Mein Korrektiv sind Sie, und Sie machen ja meistens, was ich will.
Frau Nettesheim
Das ist eine Frechheit, Trithemius. Ich glaube, Sie haben heute Morgen einen selbstverliebten Clown gefrühstückt.
Trithemius
War doch Spaß, meine Liebe! Ich bin nur ein bisschen übermütig, denn ich freue mich über die internationale Kundschaft. Das ist nämlich auch ein Vorteil des Weblogs gegenüber dem Buch. Das Weblog verbreitet sich international, wohingegen ein deutsches Buch eher selten in ausländischen Buchhandlungen zu finden ist, mal abgesehen von der Schweiz und Österreich.
Frau Nettesheim
Die Einmal-Aufrufe besagen gar nichts. Da kann sich ein Leser auch zufällig ins Teppichhaus verirrt haben und kommt nie wieder.
Trithemius
Ja, aber schauen Sie, wie viele Besucher wir aus den Niederlanden haben, und das knapp vier Wochen seit der Eröffnung der neuen Filiale.
Frau Nettesheim
Dann sollten Sie schon mal üben: Goedemorgen, je mag nederlands praten!
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Ich habe die Duden-Office-Bibliothek auf die Festplatte des Teppichhaus- Rechners gepackt, Frau Nettesheim. Das ist ziemlich bequem, denn ich kann während des Schreibens ein Wort nachschlagen. Doch ich spiele mit dem Gedanken, das Programm wieder zu löschen.
Frau Nettesheim
Sagt Ihnen die neue Duden-Orthographie doch nicht zu?
Trithemius
Wo sie mir nicht einleuchtet, schreibe ich eben anders. Nein, bislang bin ich gelegentlich beim Tippen aufgestanden und habe ein Wörterbuch aus dem Regal geholt, hab mich ins Licht gesetzt und nachgeschlagen. Und manchmal habe ich ein Wort durch verschiedene Wörterbücher hindurch verfolgt, bin also noch mal zum Regal gegangen und habe ein anderes Buch befragt. Da muss ich blättern, finde etwas anderes, was ich gar nicht gesucht hatte – das alles ist Teil der Verarbeitungsprozesses während des Schreibens.
Frau Nettesheim
Vergessen Sie die haptische Qualität nicht. Beim Blättern spürt man das Gewicht des Buches in den Händen, hat Papier zwischen den Fingern, nimmt seinen Geruch war, riecht die Druckerschwärze, sieht Benutzerspuren und Alterungserscheinungen – darauf wollte ich nicht verzichten.
Trithemius
Eben, das sind gewichtige Gründe, die für ein Buch und gegen eine Office-Bibliothek sprechen. Andererseits merke ich, dass sich meine Schreib- und Lesegewohnheiten verändern, denn oft weiß ich die Qualitäten eines Buches nicht mehr zu schätzen. Das gleiche gilt auch für das Schreiben, denn ich schreibe immer seltener mit der Hand, allenfalls wenn ich unterwegs bin.
Frau Nettesheim
Dann schaffen sie sich bloß keinen Laptop an, sonst fällt das auch weg. Ich wundere mich über Sie. Nach außen propagieren Sie den Wert des Materialcharakters von Schreiben und Lesen, und jetzt gestehen Sie mir solche Dinge. Das Wort „Paarung wirkt auf die Partner“ scheint sich auch im Hinblick auf die Paarung Mensch-Maschine zu bestätigen, nur dass Sie sich allein der Maschine anpassen. Warum setzen Sie sich sehenden Auges solchen Anpassungsprozessen aus?
Trithemius
Es ist das Prinzip der kurzen Decke, Frau Nettesheim. Zieht man sie sich unters Kinn, legt man seine Füße frei.
Frau Nettesheim
Und was ist gut daran, die Decke unterm Kinn zu haben?
Trithemius
Ein Weblog wie das Teppichhaus zum Beispiel. Es hat eine Reihe Vorteile gegenüber dem gedruckten Buch. Ich kann schreiben wie und was ich will, ohne dass mir ein Redakteur oder ein Lektor hineinfunkt. Mein Korrektiv sind Sie, und Sie machen ja meistens, was ich will.
Frau Nettesheim
Das ist eine Frechheit, Trithemius. Ich glaube, Sie haben heute Morgen einen selbstverliebten Clown gefrühstückt.
Trithemius
War doch Spaß, meine Liebe! Ich bin nur ein bisschen übermütig, denn ich freue mich über die internationale Kundschaft. Das ist nämlich auch ein Vorteil des Weblogs gegenüber dem Buch. Das Weblog verbreitet sich international, wohingegen ein deutsches Buch eher selten in ausländischen Buchhandlungen zu finden ist, mal abgesehen von der Schweiz und Österreich.
Frau Nettesheim
Die Einmal-Aufrufe besagen gar nichts. Da kann sich ein Leser auch zufällig ins Teppichhaus verirrt haben und kommt nie wieder.
Trithemius
Ja, aber schauen Sie, wie viele Besucher wir aus den Niederlanden haben, und das knapp vier Wochen seit der Eröffnung der neuen Filiale.
Frau Nettesheim
Dann sollten Sie schon mal üben: Goedemorgen, je mag nederlands praten!