Süß und scharf und lieblich
von Trithemius - 4. Jul, 19:58
Wenn es auch unablässig schüttet, egal, jetzt wird gebummelt. Unter meinem Schirm ist noch Platz. Warum eigentlich kann das Mobiltelefon noch kein Infraschallfeld erzeugen, von dem die Regentropfen abperlen? So was erfindet mal wieder keiner. Oder die Regenschirmfabrikanten haben das Patent aufgekauft, und jetzt verrottet es in irgendeinem Tresor. Infraschall ist allerdings auch ein wenig heikel, denn er löst Wahrnehmungsstörungen aus – man sieht Geisterscheinungen.
Es gibt zur Zeit zwei Klassen von Geistern, jene mit und jene mit ohne Regenschirm. Die ohne besitzen keinen oder haben ihn irgendwo vergessen und sind sowieso Optimisten. Es ist aber kein schöner Anblick, wenn selbst die Optimisten gebückt gehen und sich die Jacke zuhalten, damit ihnen nicht auch noch das seifende Wasser von den Regenschirmen der Pessimisten in den Kragen tropft. Obwohl ja nicht nur Pessimisten einen Regenschirm mit sich führen. Es geht um verantwortliche Selbstsorge. Nur ein Regenschirm berechtigt den Anspruch auf ein schönes Leben, eine antike Idee, die der Wissenschaftsphilosoph Michel Foucault wieder ans Licht gehoben hat. Also zählen wir uns zur Kategorie der vorsorglich beschirmten Optimisten.
Im Café droht die Scheibe zu beschlagen. Na ja, draußen ist ohnehin nicht viel zu sehen. Herbstliche Düsternis. Ich sitze neben einer lesenden Chinesin. In einer Vitrine plätschert der dreistöckige Schokoladenbrunnen. Welch ein Luxus. Doch der größere Luxus sitzt einen Tisch weiter, zwei Männer, die sich vergnügt über Literatur unterhalten. Da vermisse ich meinen Freund Mike, der vor einem Jahr weggezogen ist. Er sprach gern von englischer Kriminalliteratur und just von Ian Ranking und seinem Kommissar John Rebus, über den auch die beiden sich unterhalten. Und dann erzählt der eine von einem Roman, in dem Gott eine Freundin hat, Jeanette heißt sie, glaube ich. Hab’s leider nicht recht verstehen können. Jedenfalls hat Gott seiner Freundin die Welt geschenkt. Das klingt verflucht plausibel. Meistens kriegen die Flittchen die besten Geschenke, und was sie dann damit machen, sehen wir nicht nur am Wetter. Irgendwer muss dem kapriziösen Weib dringend den Kopf waschen, der verliebte Narr macht's garantiert nicht.
Ach ja, zum Foto oben: Wenn mir demnächst einmal danach ist, Damen zu waschen, dann weiß ich, wo ich hingehen kann. 15 Euro, das ist preiswert, vor allem, wenn sie sich anschließend auch noch selbst fönt.
Einen Selbstversuch hatte ich drüben in der Cafeteria versprochen. Leider fiel es mir erst wieder ein, als ich schon Kaffee getrunken hatte, en die winkel van de nederlandse „chocolate company“ ist gleich nebenan. Meine Aussagen sind also mit Vorsicht zu genießen. Diese Vorsicht vergaß ich bei der heißen Chili-Schokolade, die mir eine Kellnerin mit bezauberndem niederländischen Akzent servierte.
In heißer Milch steckt ein Holzlöffel, und der steckt in einem Schokoladenblock, der sich langsam auflöst. Den Mund kann man sich an der Milch nicht verbrennen, denn es dauert eine Weile, bis sich die Schokolade verteilt hat. Jedenfalls schwamm plötzlich ein rosiger Splitter in der Milch. Wenn man gerade keinen Grund zum Weinen hat, sollte man ihn nicht zerbeißen. Zum Glück wird zur Chilischokolade eine feine Puddingcreme gereicht, mit der sich die Geschmacksnerven besänftigen lassen. Meine Stimmung hob sich. Leider ist ungewiss, ob es an der Chilischokolade lag oder an der Kombination von Kaffee, Chilischokolade, Kellnerin und an der Tatsache, dass ich fein drinnen saß, während draußen die geduckten Optimisten vorbeirannten.
Guten Abend
Fotos: Trithemius
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Es gibt zur Zeit zwei Klassen von Geistern, jene mit und jene mit ohne Regenschirm. Die ohne besitzen keinen oder haben ihn irgendwo vergessen und sind sowieso Optimisten. Es ist aber kein schöner Anblick, wenn selbst die Optimisten gebückt gehen und sich die Jacke zuhalten, damit ihnen nicht auch noch das seifende Wasser von den Regenschirmen der Pessimisten in den Kragen tropft. Obwohl ja nicht nur Pessimisten einen Regenschirm mit sich führen. Es geht um verantwortliche Selbstsorge. Nur ein Regenschirm berechtigt den Anspruch auf ein schönes Leben, eine antike Idee, die der Wissenschaftsphilosoph Michel Foucault wieder ans Licht gehoben hat. Also zählen wir uns zur Kategorie der vorsorglich beschirmten Optimisten.
Im Café droht die Scheibe zu beschlagen. Na ja, draußen ist ohnehin nicht viel zu sehen. Herbstliche Düsternis. Ich sitze neben einer lesenden Chinesin. In einer Vitrine plätschert der dreistöckige Schokoladenbrunnen. Welch ein Luxus. Doch der größere Luxus sitzt einen Tisch weiter, zwei Männer, die sich vergnügt über Literatur unterhalten. Da vermisse ich meinen Freund Mike, der vor einem Jahr weggezogen ist. Er sprach gern von englischer Kriminalliteratur und just von Ian Ranking und seinem Kommissar John Rebus, über den auch die beiden sich unterhalten. Und dann erzählt der eine von einem Roman, in dem Gott eine Freundin hat, Jeanette heißt sie, glaube ich. Hab’s leider nicht recht verstehen können. Jedenfalls hat Gott seiner Freundin die Welt geschenkt. Das klingt verflucht plausibel. Meistens kriegen die Flittchen die besten Geschenke, und was sie dann damit machen, sehen wir nicht nur am Wetter. Irgendwer muss dem kapriziösen Weib dringend den Kopf waschen, der verliebte Narr macht's garantiert nicht.
Ach ja, zum Foto oben: Wenn mir demnächst einmal danach ist, Damen zu waschen, dann weiß ich, wo ich hingehen kann. 15 Euro, das ist preiswert, vor allem, wenn sie sich anschließend auch noch selbst fönt.
Einen Selbstversuch hatte ich drüben in der Cafeteria versprochen. Leider fiel es mir erst wieder ein, als ich schon Kaffee getrunken hatte, en die winkel van de nederlandse „chocolate company“ ist gleich nebenan. Meine Aussagen sind also mit Vorsicht zu genießen. Diese Vorsicht vergaß ich bei der heißen Chili-Schokolade, die mir eine Kellnerin mit bezauberndem niederländischen Akzent servierte.
In heißer Milch steckt ein Holzlöffel, und der steckt in einem Schokoladenblock, der sich langsam auflöst. Den Mund kann man sich an der Milch nicht verbrennen, denn es dauert eine Weile, bis sich die Schokolade verteilt hat. Jedenfalls schwamm plötzlich ein rosiger Splitter in der Milch. Wenn man gerade keinen Grund zum Weinen hat, sollte man ihn nicht zerbeißen. Zum Glück wird zur Chilischokolade eine feine Puddingcreme gereicht, mit der sich die Geschmacksnerven besänftigen lassen. Meine Stimmung hob sich. Leider ist ungewiss, ob es an der Chilischokolade lag oder an der Kombination von Kaffee, Chilischokolade, Kellnerin und an der Tatsache, dass ich fein drinnen saß, während draußen die geduckten Optimisten vorbeirannten.
Guten Abend
Fotos: Trithemius