Aus Stadt und Land
von Trithemius - 16. Jul, 21:12
„Das sind Pflaumen?“, fragt die Kassiererin bei Plus, damit sie die richtige Codezahl in die Waage eintippen kann.
„Ich glaube, ja“, sage ich und denke: Wir Leute aus der Stadt.
Immerhin trägt sie nicht so ein Plus-T-Shirt mit der Aufschrift: „Wir werden Sie begeistern“. Das sieht nämlich zu albern aus an Frauen, die vor lauter Stress nicht mal mehr hochschauen, so dass ein Gruß ungehört verhallt. Smarte Herren in Chefetagen haben sich das T-Shirt ausgedacht. Dabei haben sie nicht im Traum daran gedacht, die Arbeitsbedingungen ihrer Angestellten anzupassen. Darum geht der Schuss nach hinten los, und ich denke, wenn du arme gestresste Frau mich begeistern wolltest, müsste ich drauf sein wie deine smarten Chefs, und das wollte ich ums Verrecken nicht.
Luftig gekleidete Studenten bilden hübsche Schlangen vor drei Kassen. Jeder nur mit sich und seinen Zielen beschäftigt. Einige kommen von der Liegewiese des Westparks, andere wollen gleich wieder hin, mit Grillgut und Getränken im Arm. Vermutlich ist’s eine dumme Frage, trotzdem stellte ich sie mir gestern: Wozu legt sich das junge Volk stundenlang in die pralle Sonne? Wollen sie sich vor dem Urlaub die Urlaubsbräune holen, damit man sie im Ballermann nicht als Neuankömmlinge erkennt? Fällt das bei Kunstlicht überhaupt auf? Und wäre es nicht eigentlich ein zu großer Aufwand für so eine kleine Sache? Spätestens, seitdem spezielle Studios die rundum Elektronegerbräune versprechen, gehört doch das nahtlose Braunsein eigentlich zur Prollkultur. Die edelfuchsige Bräune vom Aufenthalt auf Segeljachten kann man sich jedenfalls weder im Sonnenstudio noch im Aachener Westpark holen.
Bessy, Klara und Kolleginnen halten nichts davon, in der Sonne zu braten. Allerdings heißen die klugen Kühe nicht so, sondern sie haben Nummern auf dem Hinterteil, je links und rechts des Schwanzansatzes. So eine Nummer ist nur auf den ersten Blick praktischer als ein Name. Der moderne Landwirt verwaltet seinen Viehbestand mit dem Computer, und dem Computer ist’s gleich, ob er Namen oder Zahlen verarbeitet. Doch für den Landwirt am Bildschirm macht es einen gewaltigen Unterschied, ob er die treue Klara oder Kuh Nummer 125 in einen fernen Schlachthof schickt. Eine Nummer statt eines Namens erleichtert jedes rohe Geschäft. Solche Ideen geistern gewiss auch durch den Kopf unseres Innenministers und seiner Gesinnungsfreunde.
Moment, der Bummel ist noch nicht rund:
„Sind das Pflaumen?“
„Ich glaube, ja.“
Codezahl 0815.
Guten Abend
Abendbummel online
Foto: Trithemius
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„Ich glaube, ja“, sage ich und denke: Wir Leute aus der Stadt.
Immerhin trägt sie nicht so ein Plus-T-Shirt mit der Aufschrift: „Wir werden Sie begeistern“. Das sieht nämlich zu albern aus an Frauen, die vor lauter Stress nicht mal mehr hochschauen, so dass ein Gruß ungehört verhallt. Smarte Herren in Chefetagen haben sich das T-Shirt ausgedacht. Dabei haben sie nicht im Traum daran gedacht, die Arbeitsbedingungen ihrer Angestellten anzupassen. Darum geht der Schuss nach hinten los, und ich denke, wenn du arme gestresste Frau mich begeistern wolltest, müsste ich drauf sein wie deine smarten Chefs, und das wollte ich ums Verrecken nicht.
Luftig gekleidete Studenten bilden hübsche Schlangen vor drei Kassen. Jeder nur mit sich und seinen Zielen beschäftigt. Einige kommen von der Liegewiese des Westparks, andere wollen gleich wieder hin, mit Grillgut und Getränken im Arm. Vermutlich ist’s eine dumme Frage, trotzdem stellte ich sie mir gestern: Wozu legt sich das junge Volk stundenlang in die pralle Sonne? Wollen sie sich vor dem Urlaub die Urlaubsbräune holen, damit man sie im Ballermann nicht als Neuankömmlinge erkennt? Fällt das bei Kunstlicht überhaupt auf? Und wäre es nicht eigentlich ein zu großer Aufwand für so eine kleine Sache? Spätestens, seitdem spezielle Studios die rundum Elektronegerbräune versprechen, gehört doch das nahtlose Braunsein eigentlich zur Prollkultur. Die edelfuchsige Bräune vom Aufenthalt auf Segeljachten kann man sich jedenfalls weder im Sonnenstudio noch im Aachener Westpark holen.
Bessy, Klara und Kolleginnen halten nichts davon, in der Sonne zu braten. Allerdings heißen die klugen Kühe nicht so, sondern sie haben Nummern auf dem Hinterteil, je links und rechts des Schwanzansatzes. So eine Nummer ist nur auf den ersten Blick praktischer als ein Name. Der moderne Landwirt verwaltet seinen Viehbestand mit dem Computer, und dem Computer ist’s gleich, ob er Namen oder Zahlen verarbeitet. Doch für den Landwirt am Bildschirm macht es einen gewaltigen Unterschied, ob er die treue Klara oder Kuh Nummer 125 in einen fernen Schlachthof schickt. Eine Nummer statt eines Namens erleichtert jedes rohe Geschäft. Solche Ideen geistern gewiss auch durch den Kopf unseres Innenministers und seiner Gesinnungsfreunde.
Moment, der Bummel ist noch nicht rund:
„Sind das Pflaumen?“
„Ich glaube, ja.“
Codezahl 0815.
Guten Abend
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Foto: Trithemius