Bitte noch mehr schlechtes Wetter

Vor einigen Jahren war ich an einem Sonntagmorgen zum Radsport verabredet. Der Himmel düster, immer wieder regnete es, aber ich setzte mich trotzdem aufs Rad und rollte zu meinem Trainingspartner hin. Er stand nicht vor der Haustür, also klingelte ich. Da guckte er oben im Unterhemd aus dem Fenster.

„Was wollen Sie?!“ rief er.
„Ja, was wohl, Radfahren!“
„Haben Sie mal hochgeguckt?“
„Ja, eben kam sogar die Sonne kurz raus!“
„Die hätten Sie aber fotografieren müssen.
Sonst glaubt Ihnen das keiner!“

An diesen Dialog muss ich in letzter Zeit immer wieder denken, womit das Thema Wetter weitgehend erledigt ist, denn meine Kamera ist kaputt. Allenfalls wollte ich noch sagen, dass man in der galaktischen Wetterzentrale einen Praktikanten rangelassen hat, und das seit Monaten. Das passt natürlich, denn wir werden ja auch von Praktikanten regiert.

Derzeit weinen die etablierten Massenmedien einem ausgemachten Schurken nach, der die Politik verlassen will. Das aber ist nur weiterer Müll, den sie in unsere Köpfe schaufeln wollen. Schurken wachsen schneller nach als Bedarf in Wirtschaft und Hochfinanz ist. Da muss erst ein Platz frei werden, man hat genug eigenen Nachwuchs, weshalb die Adepten so lange in die Politik gehen und ein Parkstudium in Verlogenheit, Hinterlist und kalt lächelnder Bosheit absolvieren. Aber nur, wem es gelingt, die Konkurrenten auszustechen und sich von verwirrten Wählern in irgendein Regierungspraktikum heben zu lassen, der hat Aussicht, bei den wahrhaft Mächtigen einen Beratervertrag zu bekommen und ihn mit Schampus zu begießen.

Gut, das Wetter macht mir üble Laune. Zum Schutz des Volkes vor sich selbst und seinen Antreibern sollte es noch eine Weile so bleiben. Sonst hängen wieder alle in den Biergärten rum oder liegen auf den Wiesen, und derweil ihnen der Grund unter Arsch und Bauch verramscht wird, lassen sie den lieben Gott einen guten Mann sein. Aber das ist er nicht. Wenn’s ihn gibt, dann will er die Welt, wie sie ist. Ein guter Gott würde uns nicht durch Praktikanten piesacken, sondern höchstpersönlich Verstand regnen lassen.

Tretet dAdA rein!

Abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks
2608 mal gelesen
walhalladada - 27. Mai, 18:09

...


Trithemius - 27. Mai, 18:21

Das Plakat wirkt deutlich aufgefrischt, lieber Doktor Schein.
Merzmensch - 27. Mai, 18:16

Oh ja. Mir deucht es fast, die Presse beweint nicht den Schurken der die Politik zugunsten Wirtschaft verlässt, sondern die klägliche Tatsache, dass auf seinen Platz ein weiterer Schurke hineinrutscht.

"Den Wert eines Schurken ist es auf zwei zu Teilen, durch Fleischwolf zu drehen, und mit Poree zu servieren" - so sagt die Schurkologie.

Trithemius - 27. Mai, 18:22

So gesehen hast du auch wieder Recht. Und gut, dass es die Schurkologie gibt. Da habe ich oben gleich mal nachträglich dAdA reingetreten.
Careca - 27. Mai, 19:16

Walle, walle, manche Strecke ...

. . . daß zum Zwecke Wasser fließe und in reichen vollen Schwalle zum Beau-Rivage-Bade sich ergieße . . .

Sollte der Regen den Koch weggespült haben, wenn wird jetzt das Oder-Hochwasser wegspülen? Bei den vielen Polytickern aus Politik und Wirtschaft könnte der gute Mann für EURO-Europa schon mal die nächste Sintflut ansetzen.

Trithemius - 27. Mai, 20:42

War es etwa Gottes Hand
wie man Uwe Barschel fand?
Musste er wohl baden gehen,
weil er alles wollt' gestehen,
Filz, Bestechung, Korruption
aus der CDU-Fraktion.
Schäuble, Leisler-Kiep und Koch,
sind viel schlauer, leben noch.
Und in Genf wird nur gewaschen
schwarzes Geld aus Aktentaschen.
Auch Herr Kohl, der schweiget still,
wie man höh'ren Ortes will.
Mimiotschka - 27. Mai, 21:05

Welch hübscher Reim.
Trithemius - 27. Mai, 21:13

Vielen Dank, liebe Mimiotschka. So lässt sich auch noch aus dem größten Dreck etwas zusammenreimen.
Mimiotschka - 28. Mai, 11:33

Schlechtes Wetter, Koch und Ihre herrlich erfrischende Dichtkunst scheinen ein echter Publikumsmagnet zu sein :-) Herzlichen Glückwunsch zu 1250 Lesern.
Trithemius - 28. Mai, 18:57

Herzlichen Dank!

Dabei hatte ich Koch nicht mal im Text erwähnt. Ich muss ja gucken, dass mein Teppichhaus sauber bleibt. Zu den vielen Lesern bin ich irgendwie gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. ;)
Mimiotschka - 1. Jun, 13:05

Da nich für! :-)
Videbitis (Gast) - 27. Mai, 22:34

Wollte er nicht jüngst die Sozialleistungen kürzen, da die Kassen dank der Bankenalimentationen leer sind? Das hat ja vorerst nicht funktioniert, darum geht er in die Wirtschaft, da wird er mit offenen Armen empfangen. In diesen Kreisen ist man vermutlich immer noch voller Bewunderung über den Coup, schwarze Spenden als jüdische Erbschaften zu waschen, den Freund Kanther mit seinem Wissen ausgeheckt hat, und sich hinterher als brutalstmöglicher Ahnungsloser hinzustellen. Diese Dreistigkeit sucht ihresgleichen - und findet sie natürlich am besten bei Ackermann und Konsorten.

Trithemius - 27. Mai, 22:47

Ach ja, den wegen Untreue

vorbestraften Herrn Manfred "Law an Order" Kanther hatte ich in meinem Gedicht ganz vergessen. Der lebt ja auch noch. Sein Erbe Koch wollte jüngst die Bildungsausgaben kürzen. Dass den Regierenden ein gebildetes Volk schon immer als unheimliche Bedrohung vorgekommen ist, hat noch niemand aus der Riege öffentlich zu sagen gewagt. Vielleicht hat er wegen dieser dreisten Dummheit auch gehen müssen.
kraM - 27. Mai, 22:45

viele köche verderben ja den brei (wie oft das wortspiel wohl schon kam), daher hoffen wir mal, dass er geht und keiner nachkommt.

Trithemius - 27. Mai, 22:50

Den Brei, den diese Herren gerührt haben, fressen wir eigentlich jeden Tag, und Frau Merkel gibt auch noch was von ihrem Sermon dazu, um ihn möglichst lang zu strecken.
bill (Gast) - 27. Mai, 22:53

Zum Glück haben Wirtschaft und Politik am Wochenende frei und das Wetter wird Sonnenschein, jipiiiiiiiie :D !!! Wünsche dir ein ebenso sonniges WoEnde!

Trithemius - 27. Mai, 23:08

Von tagesaktueller Politik und dem ganzen Krampf nehme ich mir morgen schon frei. Dann geht's nämlich um Zukunftsideen, wenn wir hier im Teppichhaus über Illichs "Entschulung der Gesellschaft" reden. Darauf freue ich mich und auch auf die Sonne am Sonntag.

Dir ebenfalls ein schönes Wochenende!
bill (Gast) - 28. Mai, 00:00

Jep, Schule is, wie sie is, fürn Arsch... mehr weiß ich nicht, war viel zu selten dort ;) Aber was mich erstaunt ist, dass es so viele Menschen gibt, die mit dem jetzigen System einverstanden sind... muss an der fantasielosen Bildung liegen...
Wünsche euch viele Ideen, um den Kreis zu durchbrechen und wenn die Woche so gut beginnt schaut vllt das Sams vorbei :-) bb
duroy (Gast) - 28. Mai, 10:49

Hallo lieber Jules!

Dein Radfahrkollege im Unterhemd ist mir sympathisch. Fuer diesmal allerdings nicht wegen seines inneren Schweinehundes, der ihn schon beim geringsten Wolkenanbruch das Rad meiden laesst (denn als selbst praktizierender Rennradfahrer sind mir die Schoenwetterfahrer immer suspekt), sondern wegen seiner pointierten Granteligkeit.

Das kleine Popo-Klopfen auf die Massenmedien und Kochs Ambitionen erfolgt hoechst notwendig. Ist ja Wahnsinn, was ich da in allen renommierteren Zeitungen, die doch sonst mitunter selbst so schoen eingedroschen haben auf den ''Hessen-Berlusconi'', ihn jetzt so glorifizieren. Speerspitze duerfte hier die FAZ sein, die aus dem Quasi-Nachruf-Verfassen auf den die Politik so unendlich bereichernden Koch nicht mehr herauskommt.
Ich sollte nun aber aufhoeren, mich zu enervieren, sonst muss ich mich uebergeben und das muss ja nicht auf den schoenen Teppichen vor Ort geschehen.

Zum Wetter noch (darueber sprechen Radfahrer unter sich ja doch etwas mehr als gewoehnlich): ja, dumme Praktikanten machen das derzeit, launige Triefnasen mit Hang zum Sadismus, lustlose Wetter-Eleven ohne jegliche Motivation...

ich verbleibe in durchaus granteliger Stimmung...

P.S.: ich hab es heute erst erspaeht und muss mich ganz herzlich dafuer bedanken, dass mein Stehlampenblog in deiner Blogroll auftaucht!!

Trithemius - 28. Mai, 19:03

Lieber Duroy,

wir sind dann aber doch noch gefahren, immer auf Wolkenlöcher zu, und wenn man einmal nass ist, macht es sowieso nichts mehr. Ich bin immer gern bei Regen gefahren. Dann ist viel Sauerstoff in der Luft.

Ja, lassen wir das unselige Thema Koch und verschmockte Medien heute. Wir haben Besseres zu tun, nämlich über Illich und die Entschulung der Gesellschaft zu sprechen. Das wird deine Laune bestimmt heben.

Schöne Grüße
Jules

P.S.: In Hannover sagen sie, wenn sich einer bedankt: "Da nich für!"

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