Lange Straße, Dauerbrot - Fahrt mit der Linie 9 (5)
von Trithemius - 12. Jan, 20:02
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Einmal bin ich in der Frankfurter S-Bahn grau gefahren, zusammen mit einer Kollegin, die sich auch nicht auskannte. Wir wurden sogleich von zwei grimmigen schwarzen Sheriffs aufgegriffen, und die haben uns vermutlich nur nicht abgeknallt, weil meine Kollegin eine attraktive Blondine war. Unterhalb der beliebten Flanier- und Einkaufsstraße Lister Meile bin ich gewiss noch ein zahlender Fahrgast und genieße alle Rechte, die mir die Personenbeförderungsbedingungen der ÜSTRA zustehen. Ich dürfte sogar mit meinem Handy aus der Bahn heraus fernen, kalten Kartoffelbrei grüßen. Doch hinter der Station Lister Platz muss irgendwo die unsichtbare Grenze sein, die mich ins Unrecht setzt. Ab dann ist jedes weitere Wort an den Kartoffelbrei nicht mehr erlaubt, jedenfalls nicht aus der Bahn heraus.
Schräg gegenüber der Station in der Was-Weiß-Ich-Was-Straße, ist mein Frisörsalon. Ein junger Freund hat mir einst geraten: „Du musst zu einem Mann gehen. Frauen machen einen zu brav.“ Er hat natürlich Frisöre und Frisörinnen bzw. Frisösen gemeint. Mein Friseur in der Was-Weiß-Ich-Nicht-Straße heißt Tim. Drei Buchstaben kann ich mir merken, auch wenn ich schon ein paar Monate nicht mehr da war.
Die Linie 9 kommt jetzt ans Tageslicht, fährt über eine Rampe hinaus auf die Podbielskistraße. Die Podbielskistraße ist noch viel länger als ihr Name. Man sieht hier hübsche Zeilen mit Gründerzeitbauten. Auch das prächtige Jugendstilgebäude der Keksfabrik Bahlsen, die das Wort Keks erfunden hat, aus dem Plural des englischen Cake hergeleitet. Dieser echte Anglizismus wurde im Jahr 1911 in den Duden aufgenommen. Wem die Informationen zu trocken sind, der bedenke, es geht um Kekse, haltbar bis weit über die dort angesprochene Apokalypse hinaus. Du kannst nichts mitnehmen, außer einem Leibnizkeks. Er heißt so, weil schon Leibniz sich Gedanken gemacht hat, für Soldaten eine Sorte Dauerbrot zu entwickeln.
Entschuldigung, ich bin von der Strecke abgekommen.
Fortsetzung Grau in den Speckgürtel
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Einmal bin ich in der Frankfurter S-Bahn grau gefahren, zusammen mit einer Kollegin, die sich auch nicht auskannte. Wir wurden sogleich von zwei grimmigen schwarzen Sheriffs aufgegriffen, und die haben uns vermutlich nur nicht abgeknallt, weil meine Kollegin eine attraktive Blondine war. Unterhalb der beliebten Flanier- und Einkaufsstraße Lister Meile bin ich gewiss noch ein zahlender Fahrgast und genieße alle Rechte, die mir die Personenbeförderungsbedingungen der ÜSTRA zustehen. Ich dürfte sogar mit meinem Handy aus der Bahn heraus fernen, kalten Kartoffelbrei grüßen. Doch hinter der Station Lister Platz muss irgendwo die unsichtbare Grenze sein, die mich ins Unrecht setzt. Ab dann ist jedes weitere Wort an den Kartoffelbrei nicht mehr erlaubt, jedenfalls nicht aus der Bahn heraus.
Schräg gegenüber der Station in der Was-Weiß-Ich-Was-Straße, ist mein Frisörsalon. Ein junger Freund hat mir einst geraten: „Du musst zu einem Mann gehen. Frauen machen einen zu brav.“ Er hat natürlich Frisöre und Frisörinnen bzw. Frisösen gemeint. Mein Friseur in der Was-Weiß-Ich-Nicht-Straße heißt Tim. Drei Buchstaben kann ich mir merken, auch wenn ich schon ein paar Monate nicht mehr da war.
Die Linie 9 kommt jetzt ans Tageslicht, fährt über eine Rampe hinaus auf die Podbielskistraße. Die Podbielskistraße ist noch viel länger als ihr Name. Man sieht hier hübsche Zeilen mit Gründerzeitbauten. Auch das prächtige Jugendstilgebäude der Keksfabrik Bahlsen, die das Wort Keks erfunden hat, aus dem Plural des englischen Cake hergeleitet. Dieser echte Anglizismus wurde im Jahr 1911 in den Duden aufgenommen. Wem die Informationen zu trocken sind, der bedenke, es geht um Kekse, haltbar bis weit über die dort angesprochene Apokalypse hinaus. Du kannst nichts mitnehmen, außer einem Leibnizkeks. Er heißt so, weil schon Leibniz sich Gedanken gemacht hat, für Soldaten eine Sorte Dauerbrot zu entwickeln.
Entschuldigung, ich bin von der Strecke abgekommen.
Fortsetzung Grau in den Speckgürtel