Manche Wörter sind blöd wie Hüfthosen
von Trithemius - 25. Jun, 20:16
In den Redaktionen der Aachener Zeitungen, die inzwischen alle in einem Verlag erscheinen, herrscht leider seit Jahrzehnten die Meinung, man dürfe ein Substantiv nicht zweimal hintereinander verwenden. Vielleicht hat der Urheber dieser Macke seine Macke von einem kleingeistigen Schulmeister mitbekommen. Leider sind solche Schulmeister selten imstande, das dazu nötige Ausdrucksvermögen und einen großen Wortschatz zu vermitteln.
Der originelle Mensch, der sich einst die Wörter Pedaltreter, Pedalritter, Drahtesel und Stahlross ausgedacht hat, müsste posthum des Landes verwiesen werden. Seine Wortprägungen waren bei der Erstverwendung vielleicht lustig. Sie entstammen vermutlich einer Zeit, in der man das Radfahren noch für eine Tätigkeit von spleenigen Zeitgenossen ansah. Der berühmte englische Lexikograph Dr. Samuel Johnson höhnte über ein erstes pedalgetriebenes Gefährt: „Somit hat der Mensch die Wahl, ob er sich selbst bewegen will oder sich selbst und einen Wagen dazu.“ Ähnlich dachten einige Jahrzehnte später die Schaulustigen, als sie dem Freiherr von Drais während der Jungfernfahrt mit der Draisine am 12. Juni 1817 den Vogel zeigten. Einer ihrer geistigen Nachfahren hat sich die vogelzeigenden Wörter Pedalritter auf Drahtesel und dergleichen ausgedacht. Bekämen seine Erben dafür Tantiemen, wären sie reiche Leute. Übrigens gibt es vergleichbar lächerliche Ausdrücke nicht für den Autofahrer.
Durch ständigen Gebrauch sind die albernen Komposita aus dem Sachbereich des Fahrrads natürlich nicht schöner geworden. Inzwischen hat sich das Radfahren jedoch als zuweilen günstige Fortbewegung erwiesen. Daher sind die Metaphern zudem überholt und altbacken. Sie entstammen dem engstirnigen Denken einer vergangenen Lebenswirklichkeit.
Nicht jeder kann es sich leisten, etwas wegzuwerfen. Mancher hat einfach nicht soviel im Kopf. Sieht er ein Wort wie Fahrrad, greift er intuitiv in eines seiner wenigen Sprachkästchen und holt den Drahtesel oder das Stahlross hervor. Guckt es kurz an – findet es immer noch prima oder wenigstens gut genug oder er denkt: „na ja, was Besseres gibt’s halt nicht auf dieser Welt“, - und gibt zum zehntausendsten Mal den selben despektierlichen Altmännerwitz in Druck. Bitte diese Sprachschublade nicht mehr öffnen. Sie enthält dummes Zeug.
Alberne Sprachmoden sind schwerer zu überwinden als ihre Erfinder
(Foto: Trithemius)
Teppichhaus Textberatung
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Der originelle Mensch, der sich einst die Wörter Pedaltreter, Pedalritter, Drahtesel und Stahlross ausgedacht hat, müsste posthum des Landes verwiesen werden. Seine Wortprägungen waren bei der Erstverwendung vielleicht lustig. Sie entstammen vermutlich einer Zeit, in der man das Radfahren noch für eine Tätigkeit von spleenigen Zeitgenossen ansah. Der berühmte englische Lexikograph Dr. Samuel Johnson höhnte über ein erstes pedalgetriebenes Gefährt: „Somit hat der Mensch die Wahl, ob er sich selbst bewegen will oder sich selbst und einen Wagen dazu.“ Ähnlich dachten einige Jahrzehnte später die Schaulustigen, als sie dem Freiherr von Drais während der Jungfernfahrt mit der Draisine am 12. Juni 1817 den Vogel zeigten. Einer ihrer geistigen Nachfahren hat sich die vogelzeigenden Wörter Pedalritter auf Drahtesel und dergleichen ausgedacht. Bekämen seine Erben dafür Tantiemen, wären sie reiche Leute. Übrigens gibt es vergleichbar lächerliche Ausdrücke nicht für den Autofahrer.
Durch ständigen Gebrauch sind die albernen Komposita aus dem Sachbereich des Fahrrads natürlich nicht schöner geworden. Inzwischen hat sich das Radfahren jedoch als zuweilen günstige Fortbewegung erwiesen. Daher sind die Metaphern zudem überholt und altbacken. Sie entstammen dem engstirnigen Denken einer vergangenen Lebenswirklichkeit.
Nicht jeder kann es sich leisten, etwas wegzuwerfen. Mancher hat einfach nicht soviel im Kopf. Sieht er ein Wort wie Fahrrad, greift er intuitiv in eines seiner wenigen Sprachkästchen und holt den Drahtesel oder das Stahlross hervor. Guckt es kurz an – findet es immer noch prima oder wenigstens gut genug oder er denkt: „na ja, was Besseres gibt’s halt nicht auf dieser Welt“, - und gibt zum zehntausendsten Mal den selben despektierlichen Altmännerwitz in Druck. Bitte diese Sprachschublade nicht mehr öffnen. Sie enthält dummes Zeug.
Alberne Sprachmoden sind schwerer zu überwinden als ihre Erfinder
(Foto: Trithemius)
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