Abendbummel online - Hören Sie das Knistern der Scheine?
von Trithemius - 14. Jun, 21:26
Am Ende der Bank entlang der Hausfront des „Domkellers“ sitzen neben mir drei wohlsituierte Herren. Bald gesellt sich eine Frau hinzu. Ihr fröhlicher Gruß wird nur achtlos erwidert. Die Drei sind sich einig, dass ihrer An- oder Abwesenheit nur geringe Bedeutung zukommt. Offenbar ist sie mit dem stoffeligsten der drei verheiratet, und das hat sie abgehärtet, denn sie lässt munter auf Blumen in ihrer Einkaufstüte schauen. „Sind das nicht schöne Farben?“, fragt sie. Einer brummelt „Hm, ja“, dann reden sie über ein Fußballspiel und den Schiedsrichter.
Wie das Gespräch vom Rasen hinüber zur Arktis fliegt und wie grünlich, vom Flieger aus gesehen, die Eisberge schimmern, bekomme ich nicht mit, denn ich versuche mit mäßigem Erfolg meine Ohren zu verschließen. Einer murmelt etwas von Klimaerwärmung. Der die Eisberge von oben gesehen hat, versichert, dass die Flugzeughersteller alles in ihrer Macht stehende für den Klimaschutz tun. In einem Institut der Technischen Hochschule forsche man im Auftrag von Rolls-Royce an Turbinenschaufeln. Dazu sei eigens eine Halle errichtet worden. Rolls-Royce liefere immer wieder Metallblöcke an und lasse sie mit unterschiedlicher Hitze schmelzen, auf dass man die absolut und endgültig beste Turbinenschaufel daraus gieße. Und habe man an der TH erst einmal die Königin aller Turbinenschaufeln gefunden, verbrauche ein Flugzeug weniger Kerosin als ein Moped, weshalb man schon jetzt ruhigen Gewissens die Eisberge überfliegen und angucken dürfe, denn man müsse sich schließlich mit eigenen Augen vom Zustand der Eisberge überzeugen. Zugegeben, das mit dem Moped habe ich erfunden.
Von den eisbergfreundlichen Schaufel-Tests wandert das Gespräch zu den Ohren des einen. Er hat einen Pfropfen drin. „Mit den Ohren ist nicht zu spaßen“, meint die Frau, und nutzt die Gelegenheit, sich ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu sichern. Der Taube müsse zum Ohrenarzt, der werde mit einem feinen Röhrchen den Pfropfen heraussaugen. Ich gucke stiekum zu ihm hinüber. Ein Röhrchen in seinem Ohr und das andere Ende im Mund des Ohrenarztes – da hätte ich lieber noch mehr von den Turbinenschaufeln gehört. Doch leider will er nicht auf den Rat der Frau hören, sondern erwägt, sich die Ohrstöpsel selbst herauszupulen, da er ja „Selbstzahler“ sei. Nun hebt die Frau mit schweren Warnungen an, welche Verwüstungen eine Haarnadel in seinem Ohr anrichten könnte, dringt jedoch nicht durch den Pfropfen an seinen Verstand.
Gestern abend wurde mir ein Professor der Ohrenheilkunde vorgestellt, und ich sagte: „Den Herrn Professor Doktor, Doktor kenne ich schon.“ Da grinste er sardonisch und fragte: „Habe ich Ihnen auch schon einmal weh getan?“ „Ja“, sagte ich. Tatsächlich war ich vor Jahren bei ihm gewesen. Er war zu einer Vitrine gegangen, in der allerlei hässliche Gerätschaften lagen, und hatte eine seltsam geformte Pinzette herausgeholt, die vermutlich älter war als wir beide zusammen. Damit hatte er in meinen Ohren herumgepult und mir dabei so weh getan, dass ich dachte, ich sitze auf einem Folterstuhl. Als die blutige Tortur vorbei war, hatte er Daumen und Zeigefinger aneinander gerieben und gefragt: „Hören Sie das?“ Ja, diese Geldzähl-Geste hörte ich genau und ich ärgerte mich, dass ich privat versichert bin und er sich gewiss ein fettes Honorar für seine Stümperei berechnen würde.
Ich wandte mich von meinem alten Peiniger ab und sagte ihm auch nicht, dass ich just vorgestern bei einem seiner Kollegen gewesen war, einem Arzt ohne Doktortitel. Er verpasste mir eine sanfte, schmerzlose Ohrenspülung. Denn dafür gibt es ein probates medizinisches Gerät. Jetzt bin ich befreit und höre ein nächtliches Moped noch, wenn es längst in der Inneren Mongolei angekommen ist.
Ein Freund eines Freundes ist einmal wegen Magenproblemen zum Internisten gegangen. Der verschrieb ihm Tabletten. Eine Woche später stand der Mann an der Supermarktkasse und entdeckte drei Schlangen weiter seinen Internisten. Der Internist rief:
Die Geschichte ist natürlich eine urbane Sage.
Guten Abend
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Wie das Gespräch vom Rasen hinüber zur Arktis fliegt und wie grünlich, vom Flieger aus gesehen, die Eisberge schimmern, bekomme ich nicht mit, denn ich versuche mit mäßigem Erfolg meine Ohren zu verschließen. Einer murmelt etwas von Klimaerwärmung. Der die Eisberge von oben gesehen hat, versichert, dass die Flugzeughersteller alles in ihrer Macht stehende für den Klimaschutz tun. In einem Institut der Technischen Hochschule forsche man im Auftrag von Rolls-Royce an Turbinenschaufeln. Dazu sei eigens eine Halle errichtet worden. Rolls-Royce liefere immer wieder Metallblöcke an und lasse sie mit unterschiedlicher Hitze schmelzen, auf dass man die absolut und endgültig beste Turbinenschaufel daraus gieße. Und habe man an der TH erst einmal die Königin aller Turbinenschaufeln gefunden, verbrauche ein Flugzeug weniger Kerosin als ein Moped, weshalb man schon jetzt ruhigen Gewissens die Eisberge überfliegen und angucken dürfe, denn man müsse sich schließlich mit eigenen Augen vom Zustand der Eisberge überzeugen. Zugegeben, das mit dem Moped habe ich erfunden.
Von den eisbergfreundlichen Schaufel-Tests wandert das Gespräch zu den Ohren des einen. Er hat einen Pfropfen drin. „Mit den Ohren ist nicht zu spaßen“, meint die Frau, und nutzt die Gelegenheit, sich ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu sichern. Der Taube müsse zum Ohrenarzt, der werde mit einem feinen Röhrchen den Pfropfen heraussaugen. Ich gucke stiekum zu ihm hinüber. Ein Röhrchen in seinem Ohr und das andere Ende im Mund des Ohrenarztes – da hätte ich lieber noch mehr von den Turbinenschaufeln gehört. Doch leider will er nicht auf den Rat der Frau hören, sondern erwägt, sich die Ohrstöpsel selbst herauszupulen, da er ja „Selbstzahler“ sei. Nun hebt die Frau mit schweren Warnungen an, welche Verwüstungen eine Haarnadel in seinem Ohr anrichten könnte, dringt jedoch nicht durch den Pfropfen an seinen Verstand.
Gestern abend wurde mir ein Professor der Ohrenheilkunde vorgestellt, und ich sagte: „Den Herrn Professor Doktor, Doktor kenne ich schon.“ Da grinste er sardonisch und fragte: „Habe ich Ihnen auch schon einmal weh getan?“ „Ja“, sagte ich. Tatsächlich war ich vor Jahren bei ihm gewesen. Er war zu einer Vitrine gegangen, in der allerlei hässliche Gerätschaften lagen, und hatte eine seltsam geformte Pinzette herausgeholt, die vermutlich älter war als wir beide zusammen. Damit hatte er in meinen Ohren herumgepult und mir dabei so weh getan, dass ich dachte, ich sitze auf einem Folterstuhl. Als die blutige Tortur vorbei war, hatte er Daumen und Zeigefinger aneinander gerieben und gefragt: „Hören Sie das?“ Ja, diese Geldzähl-Geste hörte ich genau und ich ärgerte mich, dass ich privat versichert bin und er sich gewiss ein fettes Honorar für seine Stümperei berechnen würde.
Ich wandte mich von meinem alten Peiniger ab und sagte ihm auch nicht, dass ich just vorgestern bei einem seiner Kollegen gewesen war, einem Arzt ohne Doktortitel. Er verpasste mir eine sanfte, schmerzlose Ohrenspülung. Denn dafür gibt es ein probates medizinisches Gerät. Jetzt bin ich befreit und höre ein nächtliches Moped noch, wenn es längst in der Inneren Mongolei angekommen ist.
Ein Freund eines Freundes ist einmal wegen Magenproblemen zum Internisten gegangen. Der verschrieb ihm Tabletten. Eine Woche später stand der Mann an der Supermarktkasse und entdeckte drei Schlangen weiter seinen Internisten. Der Internist rief:
„Und? Helfen die Tabletten?“Eine Woche später bekam der Freund meines Freundes von seinem Internisten eine neue Rechnung für „Eingehende Beratung.“
„Ja, prima!“
„Dann nehmen Sie die weiter!“
"Gut, mache ich!"
Die Geschichte ist natürlich eine urbane Sage.
Guten Abend
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