Abendbummel - Kalte Hände und frische Banknoten
von Trithemius - 10. Mai, 19:24
Draußen warten die Eisheiligen, heute Eyjafjallajökull, morgen tritt Mamertus hinzu, übermorgen herrscht Pankratius, am 13. Mai Servatius, gefolgt von Bonifatius und der kalten Sophie. Ich musste Geld aus dem Automaten ziehen. Es war frisch gedruckt. Gegen besseres Wissen trug ich es in den Supermarkt auf der anderen Straßenseite. Hier war mir schon mehrmals eine schlechte Stimmung unter den Angestellten aufgefallen.
Auch heute wurde wieder gestritten, als ich in der Kassenschlange stand. Zwei Kassiererinnen, Rücken an Rücken, sprachen über die Schulter hinweg von Mobbing unter den Kollegen. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, als dieser Supermarkt zu einer anderen Kette gehörte. Da trugen die Kassiererinnen Kittel mit der Aufschrift: „Wir werden Sie begeistern.“ Mir haben sie damals Leid getan, denn der Slogan war eine höhnische Etikettierung; sie wurde von den realen Arbeitsverhältnissen und Verhaltensweisen Lügen gestraft, wenn zu Stoßzeiten die Kassenschlangen herandrängten.
Für das Management vieler Großunternehmen sind menschliche Arbeitsbedingungen keine rechnerische Größe, weil sie ihre Arbeitnehmer primär als Kostenfaktor sehen. Das ist die logische Konsequenz einer politisch gewollten gesellschaftlichen Entwicklung. Wenn man sie nicht mehr durch alberne Kittelaufschriften zu kaschieren versucht, wenn man zulässt, dass die Kunden sich vernachlässigt fühlen, weil ihnen sogar die letzte Zuwendung, der Gruß, verweigert wird, dann wird greifbar, dass die wahren Eisheiligen im Berliner Regierungsviertel und in den Vorstandsetagen sitzen, und das über den 15. Mai hinaus. Dafür bekommen wir aber nach der ruinösen Eurostabiliserung immer öfter frisch gedrucktes Geld.
Guten Abend.
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Auch heute wurde wieder gestritten, als ich in der Kassenschlange stand. Zwei Kassiererinnen, Rücken an Rücken, sprachen über die Schulter hinweg von Mobbing unter den Kollegen. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, als dieser Supermarkt zu einer anderen Kette gehörte. Da trugen die Kassiererinnen Kittel mit der Aufschrift: „Wir werden Sie begeistern.“ Mir haben sie damals Leid getan, denn der Slogan war eine höhnische Etikettierung; sie wurde von den realen Arbeitsverhältnissen und Verhaltensweisen Lügen gestraft, wenn zu Stoßzeiten die Kassenschlangen herandrängten.
Die Bediensteten der Supermärkte müssen nicht begeistern. Man muss mir die jüngsten Sonderangebote nicht besingen oder eurythmisch vortanzen. Ich will auch nicht von den Angeboten in den Wahnsinn getrieben werden. Geniale Kunstwerke in der Metzgerei-Bedientheke - bitte nicht. Mir reicht es, wenn ich bedient werde von Menschen, die ausgeglichen wirken und gelegentlich Freude an ihrer Arbeit zeigen. Das lässt sich nicht durch Kittelaufschriften verordnen, sondern liegt allein am Betriebsklima. Und das wiederum hängt von menschlichen Arbeitsbedingungen ab.
Für das Management vieler Großunternehmen sind menschliche Arbeitsbedingungen keine rechnerische Größe, weil sie ihre Arbeitnehmer primär als Kostenfaktor sehen. Das ist die logische Konsequenz einer politisch gewollten gesellschaftlichen Entwicklung. Wenn man sie nicht mehr durch alberne Kittelaufschriften zu kaschieren versucht, wenn man zulässt, dass die Kunden sich vernachlässigt fühlen, weil ihnen sogar die letzte Zuwendung, der Gruß, verweigert wird, dann wird greifbar, dass die wahren Eisheiligen im Berliner Regierungsviertel und in den Vorstandsetagen sitzen, und das über den 15. Mai hinaus. Dafür bekommen wir aber nach der ruinösen Eurostabiliserung immer öfter frisch gedrucktes Geld.
Guten Abend.
http://www.tagesspiegel.de/meinung/getriebene-des-markts/1820800.html
In Art. 14, Abs. 2 des Grundgesetzes steht: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen". Dieser Passus mutet an wie ein Sprüchlein aus dem Auenland. Eigentlich müsste er geändert werden in: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Anleger und Spekulanten dienen"