Rein in die Wassersenke - Fahrt mit der Line 9 (2)
von Trithemius - 11. Jan, 19:20
Folge 1
Da kommt die grüne Straßenbahn behäbig die Davenstedter Straße herunter. Die beiden Wagen sind locker besetzt. Ich finde einen Einzelplatz im Triebwagen. Mir gegenüber sitzt ein junger Mann mit einem großen Buch auf dem Schoß. Er ist fast darüber zusammengesunken, und damit er nicht die Zeile verliert, hält er mit dem rechten Zeigefinger einen Lang-DIN-Briefumschlag darunter. An diesem Finger hat er einen silbernen Ring. Auf der anderen Seite des Ganges sitzt auf seiner Höhe ein Schwarzer. Er hat sich quer gesetzt, dem Gang zu. Gelegentlich sagt er etwas, aber der Buchleser reagiert nicht. Er ist auch gar nicht gemeint. Der Schwarze hat Stöpsel in den Ohren und telefoniert.
Hinter der Haltestelle „Schwarzer Bär“ rollen wir über die halbfertige Benno-Ohnesorg-Brücke. Rasch zieht die Ihme dahin, als wäre es ihr peinlich, dass sie sich mit ihrem schlammigen Wasser so breit gemacht hat. Man hat hier im Herbst begonnen, einen Teil des Ufers abzugraben, um den Flaschenhals entlang des Ihmezentrums zu erweitern, ist aber mit dieser Hochwasserschutz-Maßnahme nicht weit gekommen, weil zuerst ein paarhundert Bäume abgeholzt werden mussten, was viele Lindener erbost hat. Anfangs konnte nur unter massivem Polizeischutz gearbeitet werden.
Oberirdisch fährt die Linie 9 gerade mal 20 Stundenkilometer, aber wenn sich die Bahn über die provisorische Gleisführung der Benno-Ohnesorg-Brücke geschlängelt hat, rast sie die Rampe hinunter zum U-Bahnhof Waterloo. Die meisten Leute sprechen die Station englisch aus, denken vermutlich, sie ist nach Abbas Eurovisons-Hit benannt. Aber Waterloo ist ein Dorf in der belgischen Provinz Brabant, und die flämische Ortsbezeichnung bedeutet Wassersenke. Oberhalb der U-Bahnstation Waterloo befindet sich ein ehemaliger Exerzierplatz, heute eine große Rasenfläche, in deren Mitte sich eine 46,31 Meter hohe Siegessäule erhebt. Da filmte ich mal eine Polizei-Effekt(s)-Show. (Siegessäule bei 0:14 Sekunden).
Die sehe ich aber nicht, bin schon unter der Erde im weiß Gott hässlichsten U-Bahnhof Hannovers, zwei Bahnsteige und schmutzig grauer Beton, ohne jeden Schmuck. Hier steigt kaum jemand ein oder aus, warum auch? Im Sommer habe ich entdeckt, dass man mit dem Fahrrad durchfahren kann zur anderen Seite der vierspurigen Lavesallee. Dabei wird man gewiss gefilmt, denn die Zufahrt ist direkt neben dem niedersächsischen Innenministerium.
Fortsetzung Dosenpfand und kleine Finger
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Da kommt die grüne Straßenbahn behäbig die Davenstedter Straße herunter. Die beiden Wagen sind locker besetzt. Ich finde einen Einzelplatz im Triebwagen. Mir gegenüber sitzt ein junger Mann mit einem großen Buch auf dem Schoß. Er ist fast darüber zusammengesunken, und damit er nicht die Zeile verliert, hält er mit dem rechten Zeigefinger einen Lang-DIN-Briefumschlag darunter. An diesem Finger hat er einen silbernen Ring. Auf der anderen Seite des Ganges sitzt auf seiner Höhe ein Schwarzer. Er hat sich quer gesetzt, dem Gang zu. Gelegentlich sagt er etwas, aber der Buchleser reagiert nicht. Er ist auch gar nicht gemeint. Der Schwarze hat Stöpsel in den Ohren und telefoniert.
Hinter der Haltestelle „Schwarzer Bär“ rollen wir über die halbfertige Benno-Ohnesorg-Brücke. Rasch zieht die Ihme dahin, als wäre es ihr peinlich, dass sie sich mit ihrem schlammigen Wasser so breit gemacht hat. Man hat hier im Herbst begonnen, einen Teil des Ufers abzugraben, um den Flaschenhals entlang des Ihmezentrums zu erweitern, ist aber mit dieser Hochwasserschutz-Maßnahme nicht weit gekommen, weil zuerst ein paarhundert Bäume abgeholzt werden mussten, was viele Lindener erbost hat. Anfangs konnte nur unter massivem Polizeischutz gearbeitet werden.
Oberirdisch fährt die Linie 9 gerade mal 20 Stundenkilometer, aber wenn sich die Bahn über die provisorische Gleisführung der Benno-Ohnesorg-Brücke geschlängelt hat, rast sie die Rampe hinunter zum U-Bahnhof Waterloo. Die meisten Leute sprechen die Station englisch aus, denken vermutlich, sie ist nach Abbas Eurovisons-Hit benannt. Aber Waterloo ist ein Dorf in der belgischen Provinz Brabant, und die flämische Ortsbezeichnung bedeutet Wassersenke. Oberhalb der U-Bahnstation Waterloo befindet sich ein ehemaliger Exerzierplatz, heute eine große Rasenfläche, in deren Mitte sich eine 46,31 Meter hohe Siegessäule erhebt. Da filmte ich mal eine Polizei-Effekt(s)-Show. (Siegessäule bei 0:14 Sekunden).
Die sehe ich aber nicht, bin schon unter der Erde im weiß Gott hässlichsten U-Bahnhof Hannovers, zwei Bahnsteige und schmutzig grauer Beton, ohne jeden Schmuck. Hier steigt kaum jemand ein oder aus, warum auch? Im Sommer habe ich entdeckt, dass man mit dem Fahrrad durchfahren kann zur anderen Seite der vierspurigen Lavesallee. Dabei wird man gewiss gefilmt, denn die Zufahrt ist direkt neben dem niedersächsischen Innenministerium.
Fortsetzung Dosenpfand und kleine Finger
so weit ist es jetzt gekommen....
Ja, die deutschen Straßen und Brücken tragen manchmal Namen, da kann es einen nur schütteln.