Teurer Kaffeelöffel - Eine Fahrt mit der Linie 9 (9)
von Trithemius - 16. Jan, 13:20
1) Die Uhr wird geputzt
2) Rein in die Wassersenke
3) Dosenpfand und kleine Finger
4) Grüß mir den Kartoffelbrei
5) Lange Straße - Dauerbrot
6) Grau in den Speckgürtel
7) Verlust der Sieben
8) Bothfelder Zahlenmagie
Es gibt Tricks, sich zu überlisten. Manche brauchen sie nicht, aber ich. Manchmal mag ich nicht abwaschen, prokrastiniere, bis ich kein sauberes Geschirr mehr habe. Dann ist es unumgänglich zu spülen, aber der Berg von Geschirr und Besteck schreckt mich ab. Vor mir das Spülbecken, und darin so viele Teile, die gespült werden wollen. Da möchte ich am liebsten gleich wieder aufhören. Dann stelle ich mir vor, dass ich für jedes Teil, das ich abwasche, den doppelten Betrag von x bekomme, also 1+2+4+8+16 usw. Wenn die letzten Löffel abzuwaschen sind, bringt mir jeder Löffel, den ich noch aus dem Spülwasser fische, bereits mehr Millionen, als ich überhaupt haben will, ich werde beim Spülen steinreich. Dann bin ich froh, wenn die Belohnung in realistischen Dimensionen bleibt. Bei 27 Teilen habe ich bereits über 67 Millionen. Wie will das Leben eine solche Verheißung wahr machen? Vom Tellerwäscher zum Millionär, das ist, was mich betrifft, unerreichbar.
Stell dir vor, du bist ein humanoider Außerirdischer und hast dich auf eine interstellare Reise begeben, willst dir das Sonnensystem der Erde ansehen. Das liegt weit draußen im Spiralnebel. Du hast aber nur eine Karte für Zone 1 gelöst, also für das Zentrum unserer Milchstraße. Dich erwischt ein galaktischer Kontrolleur, du kannst nicht nachzahlen, da setzt er dich einfach vor die Tür, nämlich auf der Erde ab. Um die Rückfahrkarte zu deinem Heimatplaneten bezahlen zu können, musst du den Gegenwert von etwa 67 Millionen Euro verdienen.
Was könnte man dir raten? In welcher Branche könntest du rasch 67 Millionen Euro verdienen? Ehrliche Arbeit kommt da nicht in Frage. Du müsstest schon Finanzspekulant werden oder ein Finanzberatungsunternehmen gründen wie Carsten Maschmeyer seinen Allgemeinen Wirtschaftsdienst (awd). Er besitzt gut 10 mal soviel und könnte eine interstellare Fahrkarte für die Spiralnebelzone 2 locker bezahlen, macht es aber nicht. Inzwischen ist er derart integriert in ein machtvolles Netzwerk, befreundet mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und Bundespräsident Christian Wulff, einen „Shootingstar“ nennt die Süddeutsche ihn. Warum sollte er das aufgeben?
Ich habe nachgesehen, wohin die Linie 7 jetzt fährt. Wem wurde die Glück verheißende Sieben zugeleitet? Kurz hinter der Bothfelder Weiche, wo Linie 7 und Linie 9 sich trennen, stehen linker Hand die Bürohochburgen von HDI Gerling und dem awd. HDI/Gerling gehört zur Talanx Versicherungsgruppe, und der wiederum gehören Anteile an der Swiss life, der jetzigen Eigentümergesellschaft des awd, an der Maschmeyer beteiligt ist.
Die Bahn ist an der Endhaltestelle der Linie 7 völlig leer. Inzwischen ist es dunkel, aber in den Büros von HDI/Gerling und in der awd-Zentrale brennt noch Licht. Der Tausch der Linien 9 und 7 scheint plausible Gründe zu haben. Doch könnte man nicht plausible Gründe für jede Änderung des Linienplans finden? Vielleicht sind sie nur vorgeschoben und dahinter steckt etwas ganz anderes, die abergläubische Marotte eines Glücksritters und Finanztycoons. Angenommen Maschmeyer wollte die Linie 7 haben, damit sie an seinen Gelddruckmaschinen vorbeifährt, hätte die ÜSTRA diesem Ansinnen widerstehen können? Wohl kaum. Was weiß ein einfacher Fahrgast der Stadtbahn schon über die wahren Gründe städtebaulicher oder verkehrspolitischer Entscheidungen. Seine Welt wird von mächtigen Netzwerken gestaltet, und selbstsüchtige Entscheidungen der Mitglieder dieser Netzwerke werden ihm als Sachzwänge verkauft, dem Allgemeinwohl verpflichtet. Was diese Welt zusammenhält, ist die Lüge, und das ist so wahr wie mein 27. Löffel keine 67 Millionen Euro wert ist.
E N D E
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2) Rein in die Wassersenke
3) Dosenpfand und kleine Finger
4) Grüß mir den Kartoffelbrei
5) Lange Straße - Dauerbrot
6) Grau in den Speckgürtel
7) Verlust der Sieben
8) Bothfelder Zahlenmagie
Es gibt Tricks, sich zu überlisten. Manche brauchen sie nicht, aber ich. Manchmal mag ich nicht abwaschen, prokrastiniere, bis ich kein sauberes Geschirr mehr habe. Dann ist es unumgänglich zu spülen, aber der Berg von Geschirr und Besteck schreckt mich ab. Vor mir das Spülbecken, und darin so viele Teile, die gespült werden wollen. Da möchte ich am liebsten gleich wieder aufhören. Dann stelle ich mir vor, dass ich für jedes Teil, das ich abwasche, den doppelten Betrag von x bekomme, also 1+2+4+8+16 usw. Wenn die letzten Löffel abzuwaschen sind, bringt mir jeder Löffel, den ich noch aus dem Spülwasser fische, bereits mehr Millionen, als ich überhaupt haben will, ich werde beim Spülen steinreich. Dann bin ich froh, wenn die Belohnung in realistischen Dimensionen bleibt. Bei 27 Teilen habe ich bereits über 67 Millionen. Wie will das Leben eine solche Verheißung wahr machen? Vom Tellerwäscher zum Millionär, das ist, was mich betrifft, unerreichbar.
Stell dir vor, du bist ein humanoider Außerirdischer und hast dich auf eine interstellare Reise begeben, willst dir das Sonnensystem der Erde ansehen. Das liegt weit draußen im Spiralnebel. Du hast aber nur eine Karte für Zone 1 gelöst, also für das Zentrum unserer Milchstraße. Dich erwischt ein galaktischer Kontrolleur, du kannst nicht nachzahlen, da setzt er dich einfach vor die Tür, nämlich auf der Erde ab. Um die Rückfahrkarte zu deinem Heimatplaneten bezahlen zu können, musst du den Gegenwert von etwa 67 Millionen Euro verdienen.
Was könnte man dir raten? In welcher Branche könntest du rasch 67 Millionen Euro verdienen? Ehrliche Arbeit kommt da nicht in Frage. Du müsstest schon Finanzspekulant werden oder ein Finanzberatungsunternehmen gründen wie Carsten Maschmeyer seinen Allgemeinen Wirtschaftsdienst (awd). Er besitzt gut 10 mal soviel und könnte eine interstellare Fahrkarte für die Spiralnebelzone 2 locker bezahlen, macht es aber nicht. Inzwischen ist er derart integriert in ein machtvolles Netzwerk, befreundet mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und Bundespräsident Christian Wulff, einen „Shootingstar“ nennt die Süddeutsche ihn. Warum sollte er das aufgeben?
Ich habe nachgesehen, wohin die Linie 7 jetzt fährt. Wem wurde die Glück verheißende Sieben zugeleitet? Kurz hinter der Bothfelder Weiche, wo Linie 7 und Linie 9 sich trennen, stehen linker Hand die Bürohochburgen von HDI Gerling und dem awd. HDI/Gerling gehört zur Talanx Versicherungsgruppe, und der wiederum gehören Anteile an der Swiss life, der jetzigen Eigentümergesellschaft des awd, an der Maschmeyer beteiligt ist.
Die Bahn ist an der Endhaltestelle der Linie 7 völlig leer. Inzwischen ist es dunkel, aber in den Büros von HDI/Gerling und in der awd-Zentrale brennt noch Licht. Der Tausch der Linien 9 und 7 scheint plausible Gründe zu haben. Doch könnte man nicht plausible Gründe für jede Änderung des Linienplans finden? Vielleicht sind sie nur vorgeschoben und dahinter steckt etwas ganz anderes, die abergläubische Marotte eines Glücksritters und Finanztycoons. Angenommen Maschmeyer wollte die Linie 7 haben, damit sie an seinen Gelddruckmaschinen vorbeifährt, hätte die ÜSTRA diesem Ansinnen widerstehen können? Wohl kaum. Was weiß ein einfacher Fahrgast der Stadtbahn schon über die wahren Gründe städtebaulicher oder verkehrspolitischer Entscheidungen. Seine Welt wird von mächtigen Netzwerken gestaltet, und selbstsüchtige Entscheidungen der Mitglieder dieser Netzwerke werden ihm als Sachzwänge verkauft, dem Allgemeinwohl verpflichtet. Was diese Welt zusammenhält, ist die Lüge, und das ist so wahr wie mein 27. Löffel keine 67 Millionen Euro wert ist.
E N D E
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Ich kann das Ärgernis der Bewohner gut verstehen. Wenn man die Linie 7 in meiner Stadt einfach umbenennen würde, wäre meine Ordnung erst mal gewaltig gestört. Wenn du magst, können die Bewohner, solange bis in deiner Stadt wieder Ordnung hergestellt ist, die Linie 7 in meiner Stadt nutzen. Die Häuser, Bäume, Vögel und Menschen sind alle genau da, wo sie hingehören und freuen sich immer über Besuch.
An der Frage „Was die Welt im Innersten zusammenhält“ ist ja schon Faust gescheitert. Nach Goethe ist es Liebe und Hass. Nur das Spannungsfeld der Gegensätze kann Leben ermöglichen und es vorantreiben.
Einen angenehmen Abend wünscht Ihnen herzlichst
O.O. o:-)
P.S. Nur für den Fall, dass der Kontrolleur mal 67 „Millionen“ Euro von Ihnen verlangt: Rufen Sie Ihre Freunde an, die bringen Sie ganz umsonst zurück nach Hause - und zwar mit dem Auto!
Ich würde ja an der Bothfelder Kirche gerne dein freundliches Angebot plakatieren, ich weiß aber nicht, wohin ich die Leute schicken soll, wenn sie mal wieder mit einer Linie 7 fahren wollen. Vermutlich ließe Frau Kircvhenvorstand mich aber sowieso nicht, da sie mit Recht einwenden würde, die Bothfelder könnten jederzeit an der Brücke in die Linie 7 steigen und zu Maschmeyers Tempel fahren.
Mir gefällt, wenn mir die Phantasie durchgeht. Manchmal kann ich nur über Dauerbrot, Kekse, Russisch Brot und so'n Zeug schreiben. Mag sein, dass es am wechselhaften Spannungsverhältnis liegt, das ja im Leben mal niedrig, mal hoch ist.
Ebenfalls einen schönen Abend wünscht,
J.v.d.L.
P.S.: Sowas mache ich nicht gerne, besonders wenn ich aus eigener Schuld in der Ferne gestrandet bin.
*Guts Nächtle!***
O.
Danke, gleichfalls, liebe Frau Olga!
J.
Lieben Gruß
Olga
Ich würde es Ihnen empfehlen, liebe Olga, aber Sie lesen ja nicht gern dicke Bücher.
Lieben Gruß
Jules
Auch ich habe meine Tricks, lieber Jules - Eine Säge. Ritsch, ratsch und das dicke Buch ist nur noch halb so dick... oder drittel oder viertel oder...ritsch, ratsch, ritsch, ratsch ;P
Lieben Gruß
Olga
Ihr Trick, liebe Olga, interessiert mich. Sägen Sie längs, quer oder im Kreuzschnitt? Versteht man noch, wovon im Buch die Rede ist, wenn man bespielsweise nur die Ecken unten rechts zu lesen hat? Oder sägen Sie im Buchrücken, machen aus dem Buch quasi Lagen?
In jedem Fall ziehe ich auch die dünnen Bücher vor.
Liebe Grüße
Jules
So habe ich bereits um die hundert Bücher erdacht. Welcher echte Autor kann das von sich behaupten.
Wenn ich nur die untere rechte Hälfte absägen würde, also quer sägen, würde ich das Buch vermutlich nicht lesen, da es immer noch zu dick wäre.
In Ihrem Fall hätte ich das nicht gedacht. Sägen Sie dicke Bücher etwa auch klein?
Liebe Grüße
Olga
http://abcypsilon777.blog.de/2006/09/28/abendbummel_online_wirsch_liesen~1169499/
Liebe Grüße
Jules
Am Wochenende stand ich auch vor solch einem Buechertempel, hab mir dann aber woanders ein duennes Buch gekauft. Ich lese zwar nicht solche duennen Buecher wie Sie, aber ich bin mir sicher Ihre Methode ist mindestens genauso effektiv und sinnstiftend.
Ganz lieben Gruss
Olga
Was steht denn drin in Ihrem dünnen Büchlein?
Fragt mit lieben Grüßen
Jules
Sie haben doch nicht etwa schlechte Laune, lieber Jules? In meinem Buechlein steht eine fuerchterlich schnulzige Liebesgeschichte. Wenn Sie gerne mal ein Buch fuer die Frau lesen moechten, wuerde ich es Ihnen direkt empfehlen; ist naemlich "Gut gegen Nordwind".
Ganz liebe Gruesse
Olga
Leider habe ich noch nie ein Buch für Frauen lesen wollen, aber auch keins, das ausdrücklich für Männer geschrieben wurde. "Gut gegen Nordwind" ist ein E-Mail-Roman, habe ich gelesen, also auf der Höhe der Zeit.
Viel Vergnügen beim Lesen
Jules
Zum Glueck habe ich keinen Fernseher, muss mich also auch nicht so stark aufregen. Aber bei kika laufen ganz schoen paedagogisch wertvolle Geschichten, wie diese hier:
http://m.youtube.com/index?desktop_uri=%2F%3Fgl%3DDE%26hl%3Dde&hl=de&gl=DE#/watch?xl=xl_blazer&v=l9MUK8-r9fg
Lieben Gruss und schlafen Sie gut!
Olga
Vlg, Olga